Spendenaktion: Dürsten nach Gerechtigkeit

"Brot für die Welt" stellt Trinkwasser in den Mittelpunkt der neuen Spendenaktion

Von Oliver Spies

Stuttgart (epd). Auf dem Blauen Planeten wird das Wasser knapp: 1,2 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu ausreichend Trinkwasser. Und viele Entwicklungsexperten fürchten, dass die angestrebte Privatisierung des globalen Wassermarktes weiteren Millionen von Menschen den Hahn zudrehen könnte. "Wasser ist keine Ware, sondern Menschenrecht", erklärt "Brot für die Welt" zur 46. Spendenaktion, die am ersten Advent (28. November) in Speyer eröffnet wird.

Unter dem Motto "LebensMittelWasser" ruft die evangelische Hilfsorganisation zu einem bewussten und gerechten Umgang mit Wasser auf. In Entwicklungsländern müssen Frauen und Mädchen oft kilometerweit bis zur nächsten Wasserstelle gehen. "Am Tag ist es heiß. Man wird sehr durstig, doch nirgendwo ist sauberes Wasser zu finden", klagte einst Coletha Mukabaziga in Ruanda. Heute füllt die 49-jährige Mutter von fünf Kindern ihre Kanister keine 200 Meter von ihrem Haus entfernt. Mit Spenden wurde in ihrem Dorf eine Wasserpumpe für insgesamt 187 Familien gebaut.

Ein hoffnungsvolles Beispiel inmitten der weltweiten Wasserkrise: Nach einem UN-Bericht von 2002 wird durch falsche Wasser-Bewirtschaftung eine Tragödie angerichtet. Nicht nur der fehlende Zugang zu Trinkwasser entscheidet über Gesundheit oder Krankheit, sondern auch das Fehlen von Entsorgungssystemen: Tausende Kleinkinder sterben täglich an verunreinigtem Wasser.

Die von den Vereinten Nationen geforderte Grundversorgung von 50 Litern Trinkwasser pro Person und Tag wird vor allem in den ländlichen Gebieten Afrikas, Lateinamerikas und Asiens unzureichend gewährleistet: Während im Jahr 2000 in den USA 280 und in Deutschland 130 Liter Haushaltswasser pro Kopf und Tag verbraucht wurden, waren es in Gambia und Haiti nur drei und in Albanien neun Liter.

Mitverantwortlich für die Misere macht "Brot für die Welt" die Politik der Weltbank und Welthandelsorganisation (WTO): Sie wollen das Problem durch eine Liberalisierung des Wassermarkts in den Griff bekommen. Die Dynamik von Angebot und Nachfrage soll den Ausbau der Versorgungssysteme durch private Unternehmen beschleunigen.

Kritiker dagegen befürchten, dass Wasser nur dort fließt, wo der höchste Preis gezahlt wird. In der philippinischen Hauptstadt Manila hat sich seit der Privatisierung der Preis für Wasser vervierfacht, und in die Slums sind noch keine Wasseranschlüsse gelegt. In den Armenquartieren der Städte sind die Menschen oft auf Trinkwasser aus der Flasche angewiesen. Mehr als 90 Milliarden Liter werden jedes Jahr abgefüllt. Der Markt boomt, zumal der Preis für Flaschenwasser oft höher ist als der für Milch, Wein oder Öl.

Ursachen der Wasserknappheit liegen in der wasserintensiven Plantagen- und Tierwirtschaft der Entwicklungsländer: Für die Erzeugung von einem Kilo Rindfleisch werden rund 16.000 Liter Wasser benötigt, für die gleiche Menge Zitrusfrüchte etwa 1.000 Liter. Die Erzeugnisse sind vor allem für den Export bestimmt. Die Landwirtschaft schluckt 70 Prozent des weltweit verbrauchten Wassers. Seit 1940 hat sich der Wasserverbrauch verdreifacht - und er steigt bei wachsender Weltbevölkerung weiter.

Seit 2003 versucht "Brot für die Welt" mit der Kampagne «MenschenRechtWasser», die Politik an ihr Versprechen zu erinnern, die Zahl der Menschen ohne Zugang zu Trinkwasser bis 2015 zu halbieren. Dafür müssten täglich rund 300.000 Menschen einen neuen Trinkwasseranschluss erhalten. Mit der diesjährigen Spendenaktion «LebensMittelWasser» unterstreicht «Brot für die Welt» die Dringlichkeit einer menschenwürdigen und gerechten Verteilung von Wasser.

24. November 2004