Huber: Erster Ratsbericht vor der EKD-Synode

EKD-Ratsvorsitzender Huber gegen Abschaffung von Feiertagen - «Dem Wort Reform seinen guten Klang zurückgeben» - EKD-Synode eröffnet

Magdeburg (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, hat die Streichung von Feiertagen zur Ankurbelung der Wirtschaft entschieden abgelehnt. «Die gemeinsame freie Zeit ist ein wichtiges Element unserer Sozialkultur», sagte der Berliner Bischof am Sonntag in Magdeburg bei der Eröffnung der diesjährigen EKD-Synode. Der Weg, der mit der Abschaffung des Buß- und Bettages beschritten worden sei, dürfe nicht fortgesetzt werden.

«Um der Wirtschafts- und Haushaltsdaten eines Jahres willen sollte man nicht in Grundelemente der Sozialkultur eingreifen, die in Jahrhunderten gewachsen sind», fügte Huber hinzu. Die Kirche bejahe eine positive wirtschaftliche Entwicklung, «eine Ökonomisierung unseres gesamten Lebens und Denkens dagegen nicht». Deshalb halte er die Diskussion darüber, auf welchen Feiertag verzichtet werden könne, im Ansatz für verfehlt.

Huber beklagte einen weit verbreiteten Vertrauensverlust in Politik, Wirtschaft, Medien und Wissenschaft. An die politisch und wirtschaftlich Verantwortlichen appellierte er, dem Wort Reform wieder seinen guten Klang zurückzugeben. «Reformen sind dazu da, das Vertrauen der Menschen in die Zukunft zu stärken.» Von einer Reform könne dann die Rede sein, wenn sie die Fähigkeit bewahre, für die Schwächsten einzutreten und ihre Würde zu achten.

Notwendig sei ein gesellschaftlicher Dialog über das Ziel des gegenwärtigen Reformprozesses und die Wege dahin, sagte der EKD-Ratsvorsitzende. Ausdrücklich begrüßte er die Einrichtung eines Ombudsrates, der die Arbeitsmarktreformen begleitet.

Auch die «Inhaber wirtschaftlicher Leitungspositionen» müssten dazu beitragen, dass es wieder Vertrauen in die Grundregeln der Gesellschaft gebe, so der Bischof. Wer beispielsweise von Fördergeldern oder Steuererleichterungen profitiert habe, sei verpflichtet, verantwortlich mit ihnen umzugehen. Mit Blick auf den Mannesmann-Prozess nannte er in diesem Zusammenhang auch Empfänger von Spitzengehältern oder überhöhten Abfindungen.

In seinem ersten Rechenschaftsbericht vor der Synode seit seiner Wahl vor einem Jahr warb der Ratsvorsitzende zugleich um Vertrauen in die Kirche. Keine andere Institution könne so viel für die Erneuerung von Vertrauen tun. Als Beispiele nannte Huber unter anderem das Engagement bei der Bildung und im sozialdiakonischen Bereich. Er erinnerte auch an die friedliche Revolution 1989 in der DDR und den Beitrag der Kirche. Dies könne Ansporn sein, künftige Aufgaben mit Zuversicht in Angriff zu nehmen.

Zum Beginn von Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei sagte der Bischof, die evangelische Kirche betrachte dies «mit großer Zurückhaltung». So gebe es erhebliche Defizite im Bereich der Religionsfreiheit. Die Kirchen hätten der Europäischen Kommission immer wieder Hinweise zur Situation der nicht-muslimischen , insbesondere christlichen Minderheiten vorgetragen. Für die EKD bilde zudem die bisherige Leugnung des Genozids an den Armeniern durch die Türkei ein gravierendes Beitrittshindernis.

07. November 2004