EKD-Ratsvorsitzender gegen Streichung von Feiertagen

Berlin (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, hat sich gegen die Abschaffung von Feiertagen ausgesprochen. Eine Streichung zehre an der «kulturellen Substanz des Landes», schade den Familien und bewirke nicht das, was man sich erhoffe, sagte Huber am Samstag im DeutschlandRadio Berlin.

Zugleich forderte der Berlin-brandenburgische Bischof vor der am Sonntag in Magdeburg beginnenden Tagung der EKD-Synode einen gesellschaftlichen Wandel im Umgang mit Familien. Kinder dürften nicht nur dadurch wahrgenommen werden, dass ältere Menschen sich über Kinderlärm beschwerten, so Huber. Es müsse «Schluss damit sein, dass Kinder immer noch als Armutsrisiko gelten». Das «Ja» zu Kindern müsse bis ins Rentenrecht Konsequenzen haben.

Der Bundesregierung warf Huber vor, zu lange mit dem Ausbau der Betreuungsmöglichkeiten für Kinder unter drei Jahren gezögert zu haben. Zugleich forderte er für allein Erziehende mehr finanzielle Unterstützung.

06. November 2004


Meldung des DeutschlandRadio:

Bischof Huber: Streichung von Feiertagen "unproduktiv"

Interview mit Wolfgang Huber, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, hat sich gegen die Abschaffung von Feiertagen ausgesprochen. Am Beispiel des Buß- und Bettages habe man gesehen, dass das Streichen von Feiertagen unproduktiv sei, sagte Huber im DeutschlandRadio. Es zehre an der "kulturellen Substanz des Landes", schade auch den Familien und bewirke nicht das, was man sich erhoffe.

Gleichzeitig hat Huber vor Beginn der EKD-Herbsttagung in Magdeburg einen gesellschaftlichen Wandel im Umgang mit Familien gefordert. "Solange Kinder dadurch wahrgenommen werden, dass ältere Menschen sich über Kinderlärm stören, braucht man sich nicht darüber zu wundern, dass nicht mehr Kinder zur Welt kommen", sagte er. Seine Kirche dränge darauf, dass die Akzentverschiebung, die man jetzt auch politisch beobachten könne, weiter ginge. Es müsse "Schluss damit sein, dass Kinder immer noch als Armutsrisiko gelten". Er forderte, dass "das 'Ja' zu Kindern auch bis ins Rentenrecht Gestalt" annehme.

Der Bundesregierung warf er vor, zu lange mit dem Ausbau der Betreuungsmöglichkeiten für Kinder unter drei Jahren gezögert zu haben. "Vielleicht hat man sich dadurch abschrecken lassen, dass das in der DDR mit Inhalten und Konzepten verbunden war, die nicht nachahmungswert sind." Aber der Ansatz sei richtig, auch wenn Eltern damit ihre Erziehungsverantwortung nicht an Institutionen delegieren dürften. Huber betonte, dass sie dabei Hilfe bräuchten, um "Familienarbeit und Berufstätigkeit besser miteinander zu vereinbaren. Aber es soll dabei bleiben, dass Eltern für ihre Kinder tatsächlich Verantwortung tragen". Gleichzeitig forderte er für Alleinerziehende mehr finanzielle Unterstützung.

Angesichts des Nachtragshaushalts des Bundes mahnte der Bischof der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg eine klare rechtliche Regelung zum Abbau der Staatsverschuldung an - wenn die Wirtschaft wieder wachse. Huber wörtlich: "Die Weitergabe der Schulden der heutigen Generation an die nächste Generation ist tatsächlich kein verantwortliches Handeln." Gleichzeitig sprach sich der EKD-Ratsvorsitzende gegen eine Mehrarbeit von Arbeitnehmern aus. "Man kann es nur bejahen, wenn es nicht auf Kosten derjenigen geht, die ohne Arbeit sind. Denn wir brauchen Arbeit für diejenigen, die jetzt arbeitslos sind", so Huber. Das müsse oberste Priorität haben.

Quelle: DeutschlandRadio vom 06. November 2004