Bischof Huber warnt vor Stimmabgabe für rechtsextreme Parteien

Potsdam/Cottbus (epd). Vor den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen hat der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, vor der Stimmabgabe für demokratiefeindliche Parteien gewarnt. Die Wahl rechtsextremer Parteien sei unvereinbar mit dem christlichen Menschenbild, sagte der Berliner Bischof der in Potsdam erscheinenden «Märkischen Allgemeinen Zeitung» (Freitagsausgabe). Bei den Landtagswahlen an diesem Sonntag werden Stimmenzuwächse für die rechtsextremen Parteien NPD und DVU erwartet.

Beide Parteien verfolgten Ziele, die «mit unserer demokratischen Grundauffassung unvereinbar sind», erklärte Huber, der Bischof von Berlin-Brandenburg und der schlesischen Oberlausitz ist. Das Erstarken von Fremdenfeindlichkeit sei «eine Niederlage für uns alle», sagte Huber der in Cottbus erscheinenden «Lausitzer Rundschau». Er appellierte an die Wähler, von ihrem vor 15 Jahren erstrittenen Wahlrecht Gebrauch zu machen und nicht zuzulassen, «dass Parteien Aufwind bekommen, die die Menschenwürde nicht achten».

17. September 2004


Das Interview im Wortlaut:

Bischof Huber warnt vor DVU

Appell für hohe Wahlbeteiligung

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands, Wolfgang Huber, hält die Wahl einer rechtsextremen Partei für unvereinbar mit dem christlichen Menschenbild und der Vorstellung von Menschenwürde in einem demokratischen Gemeinwesen. Mit dem Bischof von Berlin-Brandenburg sprach MAZ-Redakteur Frank Schauka.

Haben SPD, CDU und PDS im Wahlkampf ausreichend vor rechtsextremen und fremdenfeindlichen Positionen, wie sie von der DVU vertreten werden, gewarnt?

Huber: SPD und CDU haben sich darum bemüht, aber die Menschen offenbar nicht erreicht. Ich appelliere an die Wählerinnen und Wähler, ihr Wahlrecht in Anspruch zu nehmen. Dabei sollten sie nicht zulassen, dass Parteien Aufwind bekommen, die die Menschenwürde nicht achten.

Sie klammern in dem Zusammenhang die PDS aus?

Huber: Ja, weil die PDS das Hauptgewicht ihres Wahlkampfes darauf legt, die Ängste der Menschen für ihren eigenen Wahlkampf in Anspruch zu nehmen.

Sie machen die PDS mitverantwortlich für eine starke DVU?

Huber: Nein, aber die PDS macht in ihrer Wahlkampfstrategie etwas, was analog auch die DVU macht: nämlich die Ängste der Menschen vor den Auswirkungen der Sozialreformen für ihren eigenen Wahlkampf auszunutzen.

Warum halten Sie den möglichen erneuten Einzug einer rechtsextremen Partei in den Landtag für schädlich?

Huber: Die DVU geht wie die NPD in Sachsen von Prämissen aus, die mit unserer demokratischen Grundauffassung unvereinbar sind. Für mich als Christen ist das Wichtigste, dass die gleiche Würde jeder Person unantastbar ist. Fremdenfeindlichkeit ist damit schlechterdings nicht vereinbar.

Hat die Politik in Brandenburg während der vergangenen fünf Jahre Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit ausreichend bekämpft oder sehen Sie Versäumnisse?

Huber: Ich habe bedauert, dass man meinte, sich die argumentative Auseinandersetzung mit der DVU ersparen zu können - dabei wäre das nicht schwer gewesen. Das geht bis dahin, dass man immer dann, wenn jemand von der DVU das Wort ergriffen hat, einfach aus dem Landtag ausgezogen ist. Das hat der DVU jedoch keineswegs geschadet. Denselben Fehler hat man früher mit Blick auf Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit gemacht, die man lange ignorierte. Man hat erst sehr spät eingeräumt, dass es diese Phänomene in Brandenburg gibt

Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung vom 17. September