Lebendige Kirche zwischen Zelt und Wohnwagen

Urlauberseelsorge ist bundesweit auf Campingplätzen unterwegs

Von Karen Miether

Lüneburg (epd). Die Musik aus dem Lautsprecher tönt weit über den Campingplatz bei Wietzendorf. Vor dem Kuppelzelt von «Kirche unterwegs» hat sich ein Fuhrpark aus Fahrrädern angesammelt. Zwischen Wohnwagen und Zelten ist auf dem «Südseecamp» in der Lüneburger Heide bei Soltau leicht zu erkennen, wo etwas los ist. Bis zu 200 Kinder und Eltern kommen dort täglich zum «Kindertreff» der Urlauberseelsorge. Auf rund 120 Campingplätzen im In- und Ausland gibt ein entsprechendes Seelsorge-Angebot.

Die achtjährige Sabrina und ihre beiden Schwestern haben sich schnell einen Platz im Zelt gesucht. Sie warten ungeduldig darauf, dass der evangelische Diakon Bernd Knobloch mit seiner Gitarre das Begrüßungslied anstimmt. Die «Kindertreffs» am Vormittag und «Gute-Nacht-Geschichten» am Abend sind nicht nur auf dem «Südseecamp» besonders beliebt.

Allein in Niedersachsen hat «Kirche unterwegs» auf rund 20 Campingplätzen Zelte aufgeschlagen. Hauptamtliche Seelsorger und rund 170 Ehrenamtliche im Alter zwischen 18 und 69 Jahren laden in der Saison zu Angeboten für die ganze Familie ein. Die hannoversche und braunschweigische Landeskirche beteiligen sich zusammen mit dem katholischen Bistum Hildesheim an der Seelsorge unter freiem Himmel.

«Für mich lebt hier die Kirche», schwärmt Anja Hannappel aus Reinfeld bei Hamburg. Die 39-jährige Erzieherin hat eine für das «Südseecamp» typische Karriere gemacht - jahrelang war sie mit ihren Kindern Gast auf dem Platz und im Kirchenzelt, dann wurde sie selbst ehrenamtliche Mitarbeiterin der Urlauberseelsorge. «Mit Puppenbühne, Theatersketchen, Liedern und vielen Kleinigkeiten werden hier Kinderfragen über Gott beantwortet», sagt sie.

Die Kinder singen laut mit, hören den Geschichten zu und backen mit ihren Eltern Waffeln. Auf dem Campingplatz hat die Urlauberseelsorge viel Zuspruch, trotz einer Vielfalt von Offerten wie Badesee, Schwimmbad, Kabel-TV und Animation, die das «Südseecamp» seinen Gästen macht. Diakon Knobloch ist Entertainer und zugleich Seelsorger. Er knotet schon mal Luftballon-Figuren und hat CDs mit den beliebtesten Liedern aus dem Kirchenzelt veröffentlicht.

«Die Leute sind im Urlaub locker drauf, das muss man berücksichtigen», sagt er. In der Campingatmosphäre öffneten sich Menschen aber auch mit ihren Problemen. Beim Gang über den Platz ergeben sich für den 51-Jährigen viele Gespräche. Selbst Ehe- und Erziehungskurse, die ein Lebensberater im Kirchenzelt anbietet, werden angenommen.

«Die Campingseelsorge ist eine Nische zum Ausruhen für die Seele. Da kann jeder seinen eigenen Rhythmus finden», sagt der zuständige Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Klaus-Peter Weinhold. «Kirche unterwegs» ist bundesweit ein Angebot der evangelischen Landeskirchen. Nach Angaben der EKD kümmern sich mehr als 300 zumeist ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf den rund 120 Campingplätzen um die Urlauber.

28. Juli 2004