Kirchen fordern Debatte über Umgang mit Todkranken

Berlin (epd). Die beiden großen Kirchen haben eine breite gesellschaftliche Debatte über den Umgang mit Schwerstkranken und Sterbenden gefordert. Sie seien in Sorge um eine menschenwürdige Sterbegleitung, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz am Donnerstag in Berlin. Anlass dafür war der zuvor veröffentlichte Bericht des Bundesjustizministeriums zu Patientenautonomie am Lebensende.

Patientenverfügungen könnten für Angehörige, Betreuende und Ärzte eine große Hilfe sein, so die Kirchen. Selbstbestimmte Vorsorge von Patienten sowie die Achtung der Wünsche und Vorstellungen des Todkranken könnten darin ihren Niederschlag finden. Daher böten die Kirchen eine "Christliche Patientenverfügung" an.

EKD und Bischofskonferenz erteilten zugleich jeder Form der aktiven Sterbehilfe eine deutliche Absage. Das Tötungsverbot stehe dem Töten auf Verlangen und der Beihilfe zum Selbstmord entgegen. Schwerkranke
müssten sich gewiss sein dürfen, dass sie als Person wertvoll blieben. Sie dürften daher in keinerlei Hinsicht unter Druck gesetzt werden.

Das Diakonische Werk begrüßte die Klarstellungen der Arbeitsgruppe des Ministeriums zu passiver und indirekter Sterbehilfe. Die Ärzte müssten im Sinne des Patienten mehr Sicherheit erhalten. Allerdings kritisierte die Diakonie die Vorschläge der Arbeitsgruppe zur Bedeutung der Vormundschaftsgerichte. Wenn bei Einvernehmen zwischen Arzt und Betreuendem das Gericht nicht mehr hinzugezogen werde, sei die Entscheidung auf Leben und Tod der öffentlichen Überprüfung entzogen.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Hubert Hüppe kritisierte "gefährliche Tendenzen" in dem Bericht. Die Regelungen zu passiver und indirekter Sterbehilfe seien rechtlich unnötig, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Enquetekommission "Ethik und Recht der modernen Medizin". Die Ergänzung sei aber gefährlich, weil sie die
Interpretation zulasse, es gebe Ausnahmen vom Tötungsverbot.

Die Deutsche Hospiz Stiftung, die nicht in der Arbeitsgruppe vertreten war, srach vom ersten Schritt Richtung aktiver Sterbehilfe. Eine explizit garantierte Straffreiheit bei passiver Sterbehilfe mache es noch schwieriger zu überprüfen, ob der Arzt im Sinne des Patienten gehandelt habe, sagte Geschäftsführer Eugen Brysch.

10. Juni 2004