Vorstoß der Kirchen für Gottesbezug in der EU-Verfassung

Huber und Lehmann appellieren an Bundeskanzler Schröder

Hannover/Bonn (epd). Die beiden großen Kirchen haben an Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) appelliert, sich für einen Gottesbezug und eine Erwähnung der jüdisch-christlichen Wurzeln in der künftigen europäischen Verfassung einzusetzen. Ein Gottesbezug sei Ausdruck der geistigen Grundlagen Europas und gehöre deshalb in die Verfassungspräambel, heißt es in einem am Freitag in Hannover und Bonn veröffentlichten Schreiben des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, und des Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, an den Regierungschef.

Ein Bezug auf die Verantwortung vor Gott in der Präambel verdeutliche «die Vorläufigkeit, Fehlbarkeit und Unvollkommenheit der menschlichen Ordnung», so Huber und Lehmann. Dies sei angesichts der leidvollen Erfahrungen von Krieg und Diktaturen in Europa wichtig. In einer Formulierung, die zugleich die Achtung vor der Freiheit des Gewissens betone, könnten sich auch jene wieder finden, die nicht an Gott glaubten.

In dem Verfassungsentwurf, über den die Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel am 17. und 18. Juni eine Einigung erreichen wollen, sind bisher nur die «kulturellen, religiösen und humanistischen Überlieferungen Europas» erwähnt. Einige Länder, darunter Irland, Italien, Polen, Portugal und Spanien, machen sich für einen ausdrücklichen Verweis auf das christlich-jüdische Erbe stark. Widerstände dagegen gibt es vor allem bei Frankreich und Belgien.

Die Erwähnung der jüdisch-christlichen Wurzeln Europas könne dazu beitragen, die Europäische Union stärker als bisher als «Werte- und Kulturgemeinschaft» zu verstehen, heißt es in dem Vorstoß von EKD und Bischofskonferenz. Die verbindenden Werte und das gemeinsame kulturelle Erbe Europas seien so entscheidend von Bibel und Christentum geprägt, dass dies auch in der Verfassungspräambel zum Ausdruck kommen sollte. Da die Präambel sehr ausführlich und auf präzise Aussagen angelegt sei, sollte deshalb ausdrücklich auf die christliche Prägung Europas verwiesen werden.

04. Juni 2004