Himmelfahrt: "Der Himmel ist wie ein Garten"

Bilder vom Paradies zwischen erotischer Sinnenfreude und Mystik

Von Stephan Cezanne

Frankfurt a.M. (epd). «Kommt meine tote Katze auch in den Himmel?» - Kinder fragen ganz direkt. Doch auch Erwachsene möchten gerne wissen, wie es nach dem Tod weitergeht. Die großen Weltreligionen bieten als Antwort das Bild vom Himmel. Die biblischen Erzählungen von Christi Himmelfahrt zum Beispiel halten die Hoffnungen auf ein jenseitiges Paradies wach.

Nicht nur Jesus Christus ist «aufgefahren in den Himmel», wie es im Glaubensbekenntnis heißt: Die leibliche Aufnahme Marias in den Himmel wurde 1950 vom katholischen Lehramt zum Dogma erhoben. Nach dem hebräischen Teil der Bibel hob es neben dem frommen Henoch auch den Propheten Elia empor. Im Islam ist der Aufstieg des Religionsstifters Mohammed durch sieben Himmel bis vor Gottes Thron überliefert.

In Judentum, Christentum und Islam wird das himmlische Paradies oft als Garten beschrieben, erklärt Markus Enders, Ordinarius für Christliche Religionsphilosophie an der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg im Breisgau. Dort herrscht, glauben vor allem Juden und Christen, eine ungetrübte Harmonie zwischen Gott und den Menschen sowie den Menschen untereinander.

Die moderne Theologie interpretiert den Himmel als «Verhältnis des endgültigen Bei-Gott-Seins», sagt der katholische Theologe Enders dem epd. Dabei ist der sichtbare Himmel freilich nur ein Symbol und Annäherung an den unsichtbaren Himmel, das «Reich Gottes». Im englischen Sprachraum unterscheidet man daher auch zwischen dem profanen «sky» und dem frommen «heaven», während das deutsche Wort Himmel aus der althochdeutschen Umschreibung für «Decke» oder «Hülle» stammt.

Besonders in der im Wüstensand entstandenen Weltreligion des Islam stellt man sich das Paradies als grünen und blühenden Garten vor. In der islamischen Volksfrömmigkeit geht es dabei sehr sinnlich und sogar erotisch zu: Uneingeschränkte kulinarische Genüsse, aber auch unübertrefflich schöne, mit unvergänglichen Reizen ausgestattete Paradiesjungfrauen warten dort auf die Seligen.

Eine dagegen vergleichsweise nüchterne Vorstellung von den zeitlosen und ortlosen Räumen des Paradieses machen sich die Mystiker der drei großen monotheistischen Weltreligionen. Hier wird Himmelfahrt weniger als historisches Geschehen, sondern vielmehr als Seelenreise verstanden. Der Himmel wird so zum Ort der verklärten, unmittelbaren Gottesnähe und ununterbrochenen Gottesschau.

Während in der altindischen Religion ein Feuergott die Seelen der Toten in den Himmel bringt, werden im Buddhismus Himmel und Hölle als Zustände der Seele gedeutet. Dies tut auch der Reformator Martin Luther (1483-1546). In seinen berühmten 95 Thesen, mit denen er die Reformation der mittelalterlichen Kirche auslöste, vergleicht er Hölle, Fegefeuer und Himmel als Orte der «Verzweiflung, annähernder Verzweiflung und Sicherheit» der menschlichen Seele.

19. Mai 2004