Die Protestation zu Speyer von 1529

"Geburtsstunde des Protestantismus"

Von Alexander Lang

Speyer (epd). Sie ist protestantisch und ganz besonders stolz darauf: Die «Evangelische Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche)» ist die einzige evangelische Landeskirche in Deutschland, die in Erinnerung an die Protestation auf dem Speyerer Reichstag von 1529 das Prädikat «protestantisch» im Namen trägt. Am 19. April 1529 erhob eine evangelische Minderheit von sechs deutschen Fürsten und 14 Reichsstädten Einspruch gegen einen Mehrheitsbeschluss des Reichstags, der die Reformation zum Stillstand bringen wollte. Mit zahlreichen Veranstaltungen feiert die pfälzische Landeskirche in diesem Jahr das 475. Protestationsjubiläum.

König Ferdinand, der Bruder Kaiser Karls V., und die Mehrheit der katholischen Fürsten versuchten in Speyer, die Reformation in den evangelischen Städten und Ländern in Deutschland zu stoppen und rückgängig zu machen. Die Toleranzbeschlüsse des Speyerer Reichstags von 1526, die die Duldung der Evangelischen vorsahen, sollten aufgehoben werden. Die Evangelischen beriefen sich auf die Freiheit des Einzelnen in Gewissens- und Glaubensfragen und bekannten sich damit öffentlich zum Reformator Martin Luther und seiner Lehre.

«In Sachen Gottes Ehre und der Seligkeit belangend muss ein jeglicher (Reichsstand) für sich selber vor Gott stehen und Rechenschaft geben», formulierten die Protestierenden am 20. April 1529 in einer Protestnote. Dieser Protest gilt als eine der wichtigsten Wegmarken der Reformation. Umstritten unter Historikern ist jedoch, ob der Speyerer Reichstag tatsächlich «Geburtsstunde» und Namensgeber des Protestantismus gewesen sei. Zehntausende kamen 1929 anlässlich der 400-Jahr-Feier der Protestation auf dem Speyerer Festplatz zusammen.

Einigkeit herrscht in der Geschichtsforschung, dass sich als Folge der Speyerer Protestation in Deutschland und in anderen Ländern das Prinzip der Glaubens- und Religionsfreiheit allmählich durchsetzte. In Speyer ist nach Ansicht der Mainzer Kirchenhistorikerin Irene Dingel der Grundstein gelegt worden, dass sich aus einer reformatorischen Bewegung eine eigene protestantische Glaubenskultur und eine Kirche gebildet habe. Der Heidelberger Reformationsgeschichtler Armin Kohnle betont, dass es 1529 in Speyer zum Bruch unter den Religionsparteien gekommen sei, der zuvor vermieden worden war.

Die Protestation ist nach den Worten des Speyerer Oberkirchenrats Klaus Bümlein «identitätsstiftend» für die Evangelischen gewesen. Gegenüber der hergebrachten Höherwertung des Klerus habe sich die Vorstellung der geistlichen Mündigkeit der Getauften, das «Priestertum aller Gläubigen», entwickelt. Dieses basiere im Vertrauen auf das eigene Verständnis der biblischen Schrift und die eigene Erkenntnis des Willens Jesu Christi. 1530 formulierten die Protestanten mit dem «Augsburger Bekenntnis» ihr Glaubensprogramm.

Die evangelische Bewegung wurde Bümlein zufolge nach dem Speyerer Protest im Reich legitimiert und politisch wirksam. Das Aufbegehren der evangelischen Fürsten und Städte gegen Zwang in Glaubensdingen habe schließlich zur Ausbildung einer zweiten christlichen Konfession geführt. Die Fürsten wurden geistliche Oberhäupter ihrer Kirchen. 1555 habe der «Augsburger Religionsfriede» festgelegt, dass jeder Landesherr über den Glauben in seinem Herrschaftsbereich selbst entscheiden könne. Im deutschen Protestantismus habe sich daraufhin die bis heute gültige landeskirchliche Struktur entwickelt.

Das aktuelle Stichwort: Speyerer Protestation von 1529

Speyer (epd). Die Speyerer Protestation von 1529 ist eines der zentralen Ereignisse der Reformation. Auf dem Reichstag zu Speyer am 19. April 1529 protestierten sechs Fürsten und 14 Reichsstädte dagegen, dass Glaubens- und Gewissensfragen durch Mehrheitsbeschluss entschieden werden können. Am 20. April legten sie eine Protestnote gegen die Aufhebung von Toleranzbeschlüssen des Reichstags gegenüber der evangelischen Minderheit vor. Damit verhalfen sie der Reformation und der Bildung der evangelischen Kirchen zum Durchbruch.

Die Beschlüsse des Speyerer Reichstags von 1526 hatten den Ländern des Reiches, in denen sich die Reformation durchgesetzt hatte, Rechtssicherheit zugesagt. Der Kaiser und die katholischen Fürsten versuchten jedoch, die Reformation in den evangelischen Städten und Ländern zu stoppen und rückgängig zu machen. Die katholischen Gebiete sollten weiterhin katholisch bleiben.

Erstmals bekannten sich auf dem Speyerer Reichstag Fürsten und Städte öffentlich gegenüber der katholischen Reichstagsmehrheit zu ihrem evangelischen Glauben. Das erste Auftreten einer evangelischen Partei führte in der Folgezeit dazu, dass sich in Deutschland und in anderen Ländern das Prinzip der Glaubens- und Religionsfreiheit allmählich durchsetzen konnte. Umstritten ist heute unter Historikern, ob die Speyerer Protestation als die eigentliche «Geburtsstunde» des Protestantismus gelten kann und Namensgeber dieser Glaubensrichtung gewesen ist.

16. April 2004