Kirchen und Zentralrat: Jesus-Film birgt Antisemitismus-Gefahr

Berlin/Bonn/Hannover (epd). Zum Start des Kinofilms «Die Passion Christi» am Donnerstag haben die beiden großen Kirchen und der Zentralrat der Juden vor einer antisemitischen Instrumentalisierung des Werks gewarnt. «Die Darstellung des Films birgt die Gefahr, dass antisemitische Vorurteile wiederaufleben», heißt es in einer gemeinsamen Erklärung des Zentralratsvorsitzenden Paul Spiegel und der Repräsentanten der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kardinal Karl Lehmann und Bischof Wolfgang Huber.

Dies sei besonders brisant angesichts einer Situation in Europa, «in der ein Erstarken antisemitischer Tendenzen erkennbar» sei, heißt es weiter. Zwar enthalte der Film des Regisseurs Mel Gibson durchaus Ansätze zu Differenzierungen in der Darstellung der jüdischen Figuren. Insgesamt erwecke er jedoch den Eindruck einer «negativen Überzeichnung zum Beispiel des Hohen Rates und breiter Schichten des jüdischen Volkes», erklärten Spiegel, Lehmann und Huber. Der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Salomon Korn, bezeichnete den Film im InfoRadio Berlin-Brandenburg als «in der Tendenz antisemitisch».

Die Bischöfe Lehmann und Huber sowie der Zentralratsvorsitzende Spiegel verurteilten zudem die im Film gezeigte Gewalt bei den Szenen der Geißelung und Kreuzigung Jesu: «Das Ausmaß der brutalen Szenen der Gewalt empfinden wir als überaus verstörend.» Bei vielen Kinobesuchern werde damit die Grenze des Erträglichen überschritten. Mit dieser drastischen Darstellung verkürze der Film zudem die Botschaft der Bibel auf problematische Weise. Die «Passion Christi» berge die Gefahr, das Leben Jesu auf die letzten zwölf Stunden zu reduzieren.

Der Zentralrats-Vize Korn erklärte, die Brutalität sei auf eine Weise dargestellt, wie er es sich bisher gar nicht habe vorstellen können: «Das können nur Menschen durchstehen oder Freude daran haben, die etwas abartig sein müssen.» Zudem habe man zum Schluss von der christlichen Botschaft «nichts begriffen».

18. März 2004