Hunderttausende US-Amerikaner sehen Jesus-Film

Washington (epd). Hunderttausende US-Amerikaner haben am Mittwoch (Ortszeit) Mel Gibsons neuen Film über die Kreuzigung Jesu Christi gesehen. Der wegen seiner schonungslosen Gewaltszenen umstrittene Film «The Passion of the Christ» startete nach ersten Berichten in mehr als 3.000 Kinos. Menschen seien sprachlos und mit «verweinten Augen» aus den Kinos gekommen, berichtete die Zeitung «Atlanta Journal-Constitution». Ihr sei «die Luft weggeblieben», sagte eine Frau in Chicago im Fernsehsender CNN. Eine Besucherin in Buffalo erklärte, sie habe «viel geweint».

Der Film zeigt im Detail und zum Teil in Zeitlupe, wie Jesus festgenommen, gegeißelt und gekreuzigt wird. Die Gewaltdarstellung sei nötig, um Jesu Opfer zu verstehen, erklärte der baptistische Pastor Jerry Johnson im Informationsdienst seiner Kirche. Kritisiert wird auch, dass der Film «den Juden» pauschal die Schuld am Tod Jesu zuschreibe. Es schmerze ihn, Gibsons Darstellung der Juden anzusehen, sagte Abraham Foxman, Direktor des jüdischen Verbandes «Anti-Dafammierungs-Liga». Im Film seien sie «fast monolytisch übel».

Religiöse Parteien für ein Verbot von Gibsons Film in Israel

Jerusalem (epd). Sprecher der Nationalreligiösen Partei und der ultraorthodoxen Schas-Partei in Israel haben sich für ein Verbot des umstrittenen Films «The Passion of the Christ» von Mel Gibson ausgesprochen. Obwohl kein israelischer Verleih bisher beabsichtigt, den Film in das Land zu bringen, müsse man für die Eventualität gerüstet sein, erklärten sie nach einer Meldung der «Jerusalem Post» von Donnerstag. Die Jerusalemer Cinemathek ließ verlauten, schon um der öffentlichen Diskussion willen dürfe der Film dem Publikum nicht vorenthalten werden. Allerdings sei eine Vorführung nur im Rahmen einer theologischen Diskussionsrunde denkbar.

«Dies ist eine Version der niedrigsten Sorte des Antisemitismus», sagte Gila Finkelstein, Abgeordnete der Nationalreligiösen Partei zu dem Film. Sie habe ihn zwar nicht selbst gesehen, verlasse sich aber auf das Urteil von Leuten, die ihn kennen. «Antisemitismus ist der Welt älteste Hassbewegung.» Er müsse in Israel und weltweit bekämpft werden.

Zeffirelli: «Die Passion Christi» begünstigt Antisemitismus

Rom (epd). Der neue Jesus-Film «Die Passion Christi» von Mel Gibson begünstigt nach Auffassung des italienischen Filmregisseurs Franco Zeffirelli Antisemitismus. Aus den Gewaltdarstellungen in dem Film müssten vor allem Jugendliche den Schluss ziehen, «dass dieses Blut durch die Schuld der Juden vergossen wurde», schrieb er am Donnerstag in der Mailänder Tageszeitung «Corriere della Sera». Dies bedeute einen Rückfall «um Jahrhunderte».

Zeffirelli beschreibt Gibson als «genialen Menschen und großartigen Schauspieler», der große Lust am Blutrausch empfinde. Als Beispiel schreibt der italienische Regisseur, Gibson habe selbst zugegeben, Kälbern die Kehle durchgeschnitten zu haben, um sich an deren Todeskampf zu entspannen. Das Schlachten durch einen Kopfschuss mache das Sterben weniger deutlich, habe er bei den Dreharbeiten zu Zeffirellis «Hamlet» anlässlich der Szene erklärt, in der Hamlet Polonius ersticht.

Vatikan verteidigt Gibsons Film «Die Passion Christi»

Rom (epd). Der Präsident des Päpstlichen Medienrates, Erzbischof John Foley, hat Mel Gibsons Jesus-Film «Die Passion Christi» gegen Antisemitismus-Vorwürfe verteidigt. Das Werk des früheren Action-Darstellers sei «sehr schön und bewegend», sagte er der römischen Tageszeitung «La Repubblica» vom Donnerstag zufolge. Er habe ihn «überhaupt nicht antisemitisch» gefunden.

Foley beurteilte es als positiv, dass der Streit um den Film ein religiöses Thema wieder in die öffentliche Diskussion bringe. Eine Stellungnahme des Vatikans gegen Antisemitismus hält der Erzbischof daher für unnötig. Vielmehr habe ihn der Gebrauch der alten Sprachen Latein und Aramäisch in «Die Passion Christi» zum Nachdenken über seine eigene Mitverantwortung am Leiden Jesu angeregt.

Erzbischof Thissen kritisiert Gewalt in Gibsons Passionsfilm

Hamburg (epd). Der Hamburger katholische Erzbischof Werner Thissen hat die übermäßigen Gewaltszenen in Mel Gibsons Film «The Passion of the Christ» beklagt. «Die Leidensszenen werden nicht dadurch deutlicher, dass sie so ausführlich sind», sagte Thissen am Donnerstag. In den USA hatten am Mittwoch hunderttausende Menschen erstmals Gibsons Film über die Kreuzigung Jesu Christi gesehen. «Die Passion Christi» soll am Gründonnerstag, dem 8. April, in Deutschland anlaufen.

Insgesamt bewertet Thissen den wegen angeblich antijüdischer Tendenzen und schonungsloser Gewalt umstrittenen Film eher positiv. «Mir hat sich noch einmal deutlich erschlossen, was mit Jesus geschehen ist, was er für uns auf sich genommen hat», sagte der Erzbischof. Mehrmals habe er sich an «fromme und gute Passionsbilder» aus der europäischen Kunstgeschichte erinnert gefühlt.

26. Februar 2004