Huber: Evangelische Kirche in vorderster Linie gegen Antisemitismus

Berlin (epd). Die evangelische Kirche will sich weiterhin stark im Kampf gegen den Antisemitismus engagieren. Dabei müsse sie «in vorderster Linie» stehen, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber. Dies gelte auch dann, «wenn es unbequem wird», sagte Huber bei einem Festakt zur Verabschiedung des alten und Einführung des neuen Rates der EKD.

Die Vizepräsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, sagte, der Antisemitismus in der Bundesrepublik sei «mehr als nur ein Nachbarschafts-Problem». Von Extremisten geplante Aktionen wie der vereitelte Anschlag auf das neue jüdische Gemeindezentrum in München seien nur «die Spitze des Eisberges», sagte Knobloch. Sie lobte den scheidenden EKD-Ratsvorsitzenden Manfred Kock für dessen Appelle zur Zivilcourage.

EKD-Ratsvorsitzender Huber begrüßt Sozialdokument der Katholiken

Berlin (epd). Der neue Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der Berliner Bischof Wolfgang Huber, hat die Stellungnahme der katholischen Bischöfe zur Sozialpolitik begrüßt. Bei einem Empfang zur Vorstellung des neuen EKD-Rates und zur Verabschiedung des alten Rates am Freitag in Berlin würdigte Huber das Dokument als «neues Plädoyer für eine langfristig angelegte Reformpolitik». Die beiden Kirchen äußerten sich stets in einer gut abgestimmten Weise, so Huber.

Der katholischen Stellungnahme entspreche, dass die evangelische Kirche im Lauf des Jahres immer wieder zu den «notwendigen Reformen ermutigt und auf die dafür wichtigen Maßstäbe von Selbstverantwortung und Solidarität, von Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit» hingewiesen habe, betonte der EKD-Ratsvorsitzende. Das Sozialwort beider Kirchen von 1997 sei gemeinsame Grundlage für die Stellungnahmen. Angesichts neuer Entwicklungen wie der Wandel der Altersstruktur müssten die Positionen des Sozialworts fortgeführt werden.

Schily für Religionsbezug in Präambel der EU-Verfassung

Berlin (epd). Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hat sich dafür ausgesprochen, in der Präambel der geplanten EU-Verfassung auf die religiösen und säkularen Traditionen Europas zu verweisen. Auch der wichtige kulturelle Einfluss des Islam solle vermerkt werden, sagte Schily bei einem Festakt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Freitag in Berlin. Der neue EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber, dankte der Bundesregierung für ihren Einsatz für einen Religionsbezug in der Verfassung.

Schily würdigte bei der Verabschiedung des alten Rates der EKD und der Vorstellung des neuen Rates die «konstruktiven Vorschläge» der beiden großen Kirchen zur EU-Verfassung. Die Bundesregierung habe das Anliegen der Kirchen unterstützt und in Europa zu Gehör gebracht. Der enge Austausch über die EU-Verfassung sei Teil eines ständigen produktiven Dialogs zwischen Staat und Kirche, so Schily.

Huber warnte zugleich davor, den Hinweis in der Präambel zu konterkarieren, in dem ein «Laizismus der politischen Institutionen zur politischen Norm» erklärt werde. Das werde in eine falsche Richtung führen.

Die Vizepräsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, betonte, dass in der derzeitigen Fassung der Präambel der Gottesbezug fehle. Dies müsse aufgenommen werden. Ein Hinweis auf das religiöse Erbe, wie es derzeit diskutiert werde, reiche nicht aus. Am Freitag hatte in Brüssel der EU-Gipfel mit den entscheidenden Beratungen über die Verfassung begonnen.

Politiker fordern evangelische Kirche zur Einmischung auf

Schily wünscht klare Position zu Bedrohung durch Terrorismus

Berlin (epd). Politiker aller Parteien haben die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) am Freitag in Berlin zur Einmischung in gesellschaftlichen Fragen aufgefordert. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) sagte bei einem Empfang in Berlin, dass die Kirche vor allen Dingen eine klare Position zu den Bedrohungen des internationalen Terrorismus beziehen solle. Radikale Fundamentalisten dürften keine neuen Religionskriege provozieren. Der interreligiöse Dialog sei deshalb sehr wichtig, betonte Schily bei dem Empfang zur Vorstellung des neuen Rates der EKD in der Friedrichstadtkirche am Französischen Dom.

Der internationale Terrorismus missbraucht nach den Worten des Innenministers auf zynischste Weise religiöse Überzeugungen, um Gewalt und Hass zu rechtfertigen. Die Kirche habe auf diesem Gebiet eine der wichtigsten Aufgaben zu übernehmen. Darüber hinaus forderte Schily die Kirche auf, sich auch zu Fragen der Bioethik, der Globalisierung und der anstehenden Sozialreformen zu äußern.

Der Bedarf an Orientierung in der Gesellschaft sei groß. Unter Juristen werde die Menschenwürde als Grundprinzip des Grundgesetzes neu verhandelt. Auch zu diesen Fragen dürfe die Kirche nicht schweigen. Zum neuen EKD-Ratsvorsitzenden, Bischof Wolfgang Huber, sagte Schily, dass er das offene Wort nicht scheue und Konflikten nicht aus dem Weg gehe.

Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel räumte ein, dass die EKD der Union häufig auch schwierige Diskussionen aufgebürdet habe. Sie plädierte aber dafür, den Dialog fortzusetzen. Sie forderte die Kirche auf, sich nicht in den stillen Winkel zurückzuziehen. Der Glaube gehöre in die Welt. Bischof Huber bezeichnete sie als mutigen Rufer in der Wüste.

Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckhardt, dankte dem bisherigen Ratsvorsitzenden Manfred Kock dafür, dass er die evangelische Kirche in der Berliner Republik beheimatet habe. Er habe die Politiker nicht in Ruhe gelassen. Je stärker es in der politischen Debatte allein um ökonomische Fragen gehe, desto größer werde die Sehnsucht nach Sinn. Sie hoffe in diesen Fragen auch auf die Kirche. «Wir wollen politische Kirchenmänner- und -frauen», sagte Göring-Eckardt.

Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle bezeichnete die Kirche auch als ein Stück Gesellschaftspolitik. Noch heute greife er auf das gemeinsame Sozialwort der evangelischen und katholischen Kirche von 1997 zurück, das nach wie vor ein gesellschaftspolitischer Leitfaden sein könne.