Kirchen fordern Erwähnung des Christentums in EU-Verfassung

Brüssel (epd). Die beiden großen Kirchen haben sich für eine Erwähnung des Christentums in der geplanten europäischen Verfassung ausgesprochen. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) wünsche sehr einen Hinweis auf das christliche Erbe, sagte der EKD-Bevollmächtigte bei der EU, Prälat Stephan Reimers, am Mittwochabend in Brüssel.

Der Münchner Kardinal Friedrich Wetter erklärte, Gott als Garant der Würde und Freiheit des Menschen und das Christentum als tragende Säule europäischer Identität gehörten in die Verfassung des neuen Europa. Reimers und Wetter äußerten sich bei einem gemeinsamen Empfang der Kirchen für Vertreter der EU-Institutionen.

Reimers, der auch EKD-Bevollmächtigter bei der Bundesregierung ist, wandte sich gegen Vorschläge der italienischen Ratspräsidentschaft, einen Verweis auf das christliche Erbe mit dem Prinzip des Laizismus für die Institutionen in den Mitgliedsstaaten zu verbinden. Dieser Verknüpfung sei nicht überzeugend.

Wie die EU-Staaten ihr Verhältnis zu den Kirchen regeln, sei Sache jedes einzelnen Landes. Auch spiegele der Vorschlag nicht die europäische Vielfalt der Staat-Kirche-Beziehungen wieder. Zudem sei es nicht angemessen, einen Hinweis auf das Christentum gegen ein Ordnungsprinzip aufzurechen. «Das würde den vorliegenden Entwurf eher in problematischer Weise verändern, statt ihn zu verbessern», so Reimers.

Weiter äußerte er die Erwartung, dass an dem im Konventsentwurf enthaltenen Kirchenartikel festgehalten werde. Damit werde ein offener und regelmäßiger Dialog zwischen Kirchen und Weltanschauungsgemeinschaften und den EU-Organen verfassungsrechtlich verankert.

Auch an der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Regelung des rechtlichen Status der Kirchen in den einzelnen EU-Staaten sollte nicht geändert werden. Auch hier gelte es, die Vielfalt der Staat-Kirche-Verhältnisse als Teil der nationalen Identität zu bewahren, und die Suche nach Einheit nicht übermäßig zu strapazieren.

Der im Verfassungsentwurf enthaltene Verweis auf die religiösen Überlieferungen sei unzureichend, kritisierte Kardinal Wetter. Der Vorschlag werde der Geschichte und der gestaltenden Kraft des Christentums nicht gerecht, wenn es «namenlos unter die kulturellen, religiösen und humanistischen Überlieferungen Europas» eingeordnet werde. Mit der Aufnahme eines Gottesbezuges in die Verfassung werde auf eine letzte, allgemein verbindliche und unverfügbare Instanz verwiesen, die jeden zur Verantwortung ziehe, so Wetter.