EKD-Synode diskutiert «Bibel im kulturellen Gedächtnis»

«Nicht nur lesen, auch in Szene setzen»

Trier (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) will die Bibel neu ins Gespräch bringen. Die Heilige Schrift des Christentums solle nicht nur gelesen, sondern auch gehört werden, sagte Theologieprofessor Michael Schibilsky am Montag vor Journalisten auf der Synode der EKD in Trier. Sie in Ausstellungen oder Lesungen in Szene zu setzen, könne helfen, in der Kirche wieder zu mehr Spiritualität zu kommen. Die christlichen Kirchen in Deutschland begehen 2003 als «Jahr der Bibel».

Schibilsky, der auch Vizepräses der Synode ist, schlug zudem eine neue Bibel-Übersetzung vor. «Wir brauchen eine überzeugungskräftige Übersetzung, die ein Gespür für die Sprachkraft Luthers hat», sagte er. Dies sei eine Riesenaufgabe. Sie erfordere eigentlich zwei Jahrzehnte Arbeit, solle aber möglichst in acht Jahren fertiggestellt sein.

Das Kirchenparlament, das rund 26,5 Millionen Protestanten in Deutschland vertritt, diskutierte am Montag ihr Schwerpunktthema «Bibel im kulturellen Gedächtnis». Die Bibel durchdringe die abendländische Kultur so stark, wie nicht einmal die Mythologie der griechisch-lateinischen Antike, sagte der Hörfunkjournalist Hanjo Kesting in seinem Vortrag in Trier. Ohne sie sei auch die heutige Kultur nicht zu verstehen.

Vom Sündenfall bis zu Christi Geburt und Sterben am Kreuz seien biblische Themen über Jahrhunderte hinweg immer wieder in Kunstwerken dargestellt worden, sagte Kesting. Dabei sei die Bibel im kulturellen Gedächtnis nichts Starres, sie werde fortwährend umgedeutet.

Als Beispiel nannte Kesting die Geschichte vom Turmbau zu Babel. Sie werde in Bruegels berühmtem Gemälde, aber auch in Bert Brechts Schauspiel «Mahagonny» oder in dem Film über den Untergang der «Titanic» thematisiert. Millionen Menschen seien ins Kino geströmt, weil sie das Thema menschlichen Größenwahns und seine biblische Tiefenschicht in sich trügen, so Kesting: «Fast könnte man sagen, dass sie die Bibel kennen, ohne sie gelesen zu haben.»

Mit dem allgemeinen Traditionsverlust drohe allerdings das Bibelwissen verloren zu gehen, so Kesting. Dies sei aber nicht nur ein Problem der Kirchen, sondern «ein Problem unserer Kultur».

«Alles, was Menschen im Leben erfahren, erleiden und erhoffen, ist dieser Bibel vertraut», sagte Professor Schibilsky bei der Einbringung des Entwurfs zu einer Synoden-Erklärung. Die Bibel sei die «Lesehilfe für das Leben». Das Kirchenparlament will zum Ende seiner Tagung am Freitag eine so genannte Kundgebung zum Thema verabschieden.