Kock: Einsparungen im Sozialsystem müssen von allen getragen werden

Köln (epd). Die geplanten Einsparungen im Sozialsystem müssen nach Auffassung des scheidenden Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Manfred Kock, von der gesamten Gesellschaft getragen werden. Es dürfe nicht nur auf der Seite der Schwachen gekürzt werden, sagte Kock in einem epd-Interview in Köln. Allerdings sei die Reform des Sozialsystems notwendig. «Es muss sich etwas verändern», erklärte der 67-jährige Theologe. «Die Schwachen würden als erste unter die Räder kommen, wenn die sozialen Systeme zusammenbrächen.»

Kock, der bei der EKD-Synode Anfang November in Trier nicht wieder antritt, nannte die anhaltende Arbeitslosigkeit von mehr als vier Millionen Menschen eine der schrecklichsten Entwicklungen während seiner sechsjährigen Amtszeit. Dies liege nicht nur an politischen Rahmenbedingungen, sondern auch an fehlender Fantasie bei manchen Unternehmern, «die meinen, ihre Firmen nur sanieren zu können, wenn sie Menschen entlassen».

Bei ihrem sozialen und politischen Engagement solle die Kirche ihr christliches Profil zeigen: «Wenn wir uns für Schwache in der Gesellschaft einsetzen und uns politisch etwa zu Fragen des Friedens äußern, muss sichtbar bleiben, aus welcher geistigen Wurzel heraus wir das tun», sagte der frühere rheinische Präses. Die evangelische Kirche müsse in der immer säkularer werdenden Gesellschaft die Traditionen des Glaubens weiter geben.

Kock warnte davor, die Ansprüche distanzierter Kirchenmitglieder an die Leistungen der Kirche mit einer Konsumentenhaltung zu verwechseln. Es handele sich um Menschen, deren Rechtsempfinden durch christliche Werte geprägt sei. «Sie wissen, dass sie auf einen gnädigen Gott angewiesen sind», sagte der höchste Repräsentant von über 26 Millionen Protestanten in Deutschland. Die Milieus distanzierter Christlichkeit seien keine Erfindung der Moderne, «sondern das hat es im Protestantismus immer gegeben». Er selbst stamme aus einer solchen Familie.

Als größte abgeschlossene Leistung in den sechs Amtsjahren des Rates der EKD nannte Kock die Lösung in der Frage der Militärseelsorge, die nach der deutschen Wiedervereinigung jahrelang zwischen den Kirchen in Ost und West umstritten war. In fast allen Arbeitsfeldern müsse der neue Rat, der in Trier gewählt wird, weiter arbeiten. Dazu zähle die Reform der evangelischen Kirche. «Für diese Kirche ist eine immerwährende Erneuerung und Selbstvergewisserung nötig», sagte Kock. Weiter zu bearbeiten seien auch «die ethischen Fragen am Ende und am Anfang des Lebens» sowie die Friedensethik.

Kock unterstrich, dass die Kirche weiterhin in der Politik Gehör finde und als Gesprächspartner für Regierung und Opposition gefragt sei. «Es gibt ja in unserer Gesellschaft eine Koalition der Ratlosigkeit», sagte der Theologe. «Wir sind nicht die Besserwisser, sondern als Leute gefragt, die weder in der Ratlosigkeit versinken noch in falsche Hektik geraten.»