Im Kopftuch-Streit keine bundesweit einheitliche Regelung in Sicht

Frankfurt a.M. (epd). Im Grundsatzstreit um das Tragen eines Kopftuchs im öffentlichen Dienst ist bundesweit keine einheitliche Regelung in Sicht. Rund ein Drittel der 16 Bundesländer will Musliminnen das Unterrichten mit Kopftuch an staatlichen Schulen untersagen. Viele Landesregierungen besonders in Ostdeutschland sind dagegen unentschieden oder sehen keinen Handlungsbedarf. Befürworter und Gegner eines gesetzlichen Verbots finden sich in allen Parteien.

Auf der an diesem Donnerstag in Darmstadt beginnenden Sitzung der Kultusministerkonferenz soll über die Konsequenzen aus dem «Kopftuchurteil» des Bundesverfassungsgerichts vom 24. September beraten werden. Die Karlsruher Richter hatten entschieden, dass für ein Verbot religiöser Kleidung an Schulen Landesgesetze nötig sind.

In Bayern, Hessen, Niedersachsen, Bremen, Berlin und im Saarland ist mit einem klaren Kopftuch-Verbot zu rechnen. Bayerns Kultusministerin Monika Hohlmeier (CSU) will «in jedem Fall sicherstellen», dass muslimische Lehrerinnen nicht mit einem Kopftuch an staatlichen Schulen unterrichten. Auch Hessens Kultusministerin Karin Wolff (CDU) will das Kopftuch verbieten, bestätigte ein Ministeriumssprecher dem epd. In Bremen ist eine entsprechende Gesetzesinitiative geplant.

Mit einem Verbot will Niedersachens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) die «weltanschauliche Neutralität» der Schulen garantieren. Im Saarland wird ein generelles Kopftuchverbot für Mitarbeiterinnen im öffentlichen Dienst angestrebt, hieß es aus dem Kultusministerium in Saarbrücken. Auch Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) will ein Verbot nicht nur für Lehrerinnen, sondern für alle Mitarbeiter im öffentlichen Dienst beschließen.

In Brandenburg bestehe derzeit kein akuter Handlungsbedarf, deshalb werde kein eigenes Landesgesetz geplant, sagte ein Sprecher des SPD-geführten Bildungsministeriums. Innenminister Schönbohm (CDU) dagegen fordert klar ein Verbot: «Mit falsch verstandener multikultureller Toleranz würden wir die Grundlagen unseres Rechtsstaats preisgeben.» Damit droht in der von einer großen Koalition geführten Landesregierung ein Konflikt.

In Baden-Württemberg, wo der Rechtsstreit um das Tragen eines Kopftuches mit der Klage der muslimischen Grundschullehrerin Fereshta Ludin begann, ist man inzwischen zurückhaltend. Die Landesregierung wolle das Urteil des Verfassungsgerichtes genau analysieren und erst dann über eine gesetzliche Regelung entscheiden, sagte Kultusministerin Annette Schavan (CDU).

Die rheinland-pfälzische Landesregierung aus SPD und FDP will keinen Gesetzentwurf gegen das Tragen des Kopftuches in der Schule einbringen. Falls eine Lehrerin die Pflicht zur religiösen Neutralität nicht einhalte, könnten Schulleitung und Schulaufsicht einschreiten, so ein Sprecher der Landesregierung. Auch das schleswig-holsteinische Bildungsministerium sieht derzeit keine Notwendigkeit für eine gesetzliche Regelung. Sollten die Bundesländer aber eine solche anstreben, so will sich Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD) für eine bundeseinheitliche Lösung stark machen.

Auch die Hamburger Bildungsbehörde hält eine gesetzliche Regelung derzeit nicht für notwendig. Dort unterrichte bereits seit drei Jahren eine Lehrerin mit Kopftuch, sagte Behördensprecher Alexander Luckow. In Nordrhein-Westfalen sei derzeit kein Fall bekannt, bei dem das Tragen des Kopftuches zu einem Konflikt innerhalb der Schule geführt habe, sagte NRW-Schulministerin Ute Schäfer (SPD). Allerdings wendet sie sich nicht generell gegen ein Verbot.

Keinen unmittelbaren Handlungsbedarf sieht man derzeit auch in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Politiker plädieren bereits auch für eine Regelung für Ordensleute aus den Kirchen, die an staatlichen Schulen im Habit unterrichten.