Berliner Akademiedirektor warnt Kirche vor «Milieuverengung»

Berlin (epd). Der neue Direktor der Berliner Evangelischen Akademie, Wolfgang Vögele, hat die Kirche vor einer «Milieuverengung» durch unbedachte Sparmaßnahmen gewarnt. Wer die vielfältigen Arbeitsbereiche der evangelischen Kirche antaste und sie zu Gunsten der Gemeindearbeit reduziere, riskiere dies, sagte der habilitierte Theologe am Montag dem epd in Berlin. Damit drohe auch ein höherer Mitgliederschwund.

Ein «großes Pfund» der Kirche sei, dass sie durch ihren Pluralismus unterschiedliche Milieus anspreche, sagte Vögele: «Menschen in die Gemeinden zu bringen, kann nicht das einzige Ziel sein.» Kirche müsse weiter den Dialog mit denen führen, die andere politische oder weltanschauliche Positionen vertreten. Hierin erfüllten gerade die von der Spardiskussion erheblich betroffenen Akademien einen wichtigen Auftrag. Am Wochenende hatte die nordelbische Landessynode beschlossen, ihre Akademien in Hamburg und Bad Segeberg zu schließen.

Der 41-jährige Vögele tritt am Mittwoch bei der von der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Berlin-brandenburgischen Kirche getragenen Berliner Akademie die Nachfolge des verstorbenen Rolf Hanusch an. Dessen Arbeit etwa im interreligiösen Dialog oder bei Fragen der Spiritualität wolle er fortführen, kündigte der bisherige Studienleiter der Evangelischen Akademie Loccum an. Bleiben werde auch der traditionelle Schwerpunkt der Berliner Akademie auf Fragen der deutsch-deutschen Geschichte.

Zugleich wolle er künftig thematische Schwerpunkte auf die Rechts- sowie Entwicklungspolitik und Fragen des Kirchenreformprozesses setzen, sagte Vögele. «Ich möchte auch die Freiheit haben, eine Tagung anzubieten, in der es nicht unmittelbar um kirchliche Fragen geht», so Vögele weiter. «Akademien sind keine Missionsstationen.» Auch Atheisten oder Angehörige anderer Weltanschauungen sollten hier ein Forum haben, ohne Vorgaben seitens der Kirche ausgesetzt zu sein.

Vögele bestritt, dass die Akademien im Zeitalter von immer mehr Talk-Shows überflüssig geworden seien. «Gesellschaftliche Probleme, über die man sich verständigen muss, gibt es nach wie vor nicht zu knapp.» In den Fernseh-Talk-Shows in denen auch nicht jeder mitreden könne, würde davon nur wenig thematisiert.