Entsetzen über Anschlagpläne auf jüdisches Gemeindezentrum

München (epd). Mit Entsetzen haben die Israelitische Kultusgemeinde und die beiden großen Kirchen auf den vereitelten Sprengstoffanschlag auf das geplante neue jüdische Gemeindezentrum in München reagiert. «Die Auswirkungen eines Sprengstoffanschlags während der Grundsteinlegung am 9. November wären unvorstellbar gewesen», sagte die Präsidentin der Kultusgemeinde, Charlotte Knobloch, am Freitag vor Journalisten in München.

Sie gehe davon aus, dass der Festakt mit Bundespräsident Johannes Rau (SPD) und prominenten Teilnehmern aus Politik, Wirtschaft und Kultur das geplante Ziel des Anschlags gewesen sei, sagte Knobloch, die auch Vizepräsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland ist. An den Bauplänen für das Gemeindezentrum werde trotzdem festgehalten.

Die Polizei hatte dem Innenministerium zufolge einen Anschlag auf die Baustelle des jüdischen Gemeindezentrums in München vereitelt. Die Beamten beschlagnahmten bei der rechtsextremen Gruppe «Kameradschaft Süd» 1,7 Kilogramm TNT und Waffen. Mehrere Verdächtige, darunter der 27-jährige Neonazi Martin Wiese, der als Kopf der Gruppe gilt, wurden verhaftet. Generalbundesanwalt Kay Nehm ermittelt wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gegen die Verdächtigen.

Der bayerische evangelische Landesbischof Johannes Friedrich reagierte mit Bestürzung auf die Anschlagpläne. «Es ist niederschmetternd, was für ein Ausmaß an Barbarei und Menschenverachtung die Pläne antisemitischer Strömungen in unserem Land auch heute noch annehmen», heißt es in einem Brief an Knobloch. Der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Friedrich Wetter, erklärte, das «Gift des Antisemitismus» entfalte immer wieder gefährliche Wirkung.

Nach Ansicht des bayerischen Innenministers Günther Beckstein (CSU) ist der vereitelte Anschlag Zeichen für eine «neue Dimension rechtsextremistischer Gewaltbereitschaft». Politik und Staat seien mehr denn je gefordert, «diesen Sumpf grundlegend auszutrocknen». Der Politiker forderte erneut ein NPD-Verbot und eine konsequente Beobachtung der Szene.