Aus der Predigt-Werkstatt einer Bischöfin

Margot Käßmann ist mit zwei Neuerscheinungen auf dem Büchermarkt

Von Ulrike Millhahn

Hannover (epd). Der Leser glaubt es ihr sofort: «Leider hat der Tag nur 24 Stunden, das ist das, was ich am meisten bedauere», schreibt die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann in ihrem Buch «Kirche in gesellschaftlichen Konflikten». Das Werk mit dem zunächst wenig einladenden Untertitel «Kirchenleitende Predigten» ist eine von zwei Neuerscheinungen der evangelischen Theologin in diesem Bücherherbst.

Während die «Predigten» aus dem Stuttgarter Kohlhammer-Verlag optisch eher schlicht daherkommen, besticht das Herder-Buch «Heute seine Stimme hören. Das Lukasevangelium als Jahresbegleiter» durch seine künstlerische Gestaltung. Mit zwölf ganzseitigen farbigen Aquarellen des Künstlers Andreas Felger führt das gemeinsame Werk von Käßmann und dem katholischen Bischof Joachim Wanke aus Erfurt die Leser durch das Kirchenjahr.

Die beiden Theologen übersetzen zentrale Botschaften des Lukasevangeliums in die heutige Zeit. Der Umgang mit alten Menschen gehört genauso dazu wie die BSE-Krise, seelische Verletzungen, Urfragen nach dem Sinn des Lebens, Hilfestellungen beim Beten oder die Themen Zukunftsangst und Gotteslob. Das Buch regt als spiritueller Jahresbegleiter gleichermaßen zum Nachdenken wie zum Meditieren an: «Die Lukaserzählung lässt uns Träume von einer anderen Welt wagen», schreibt Käßmann.

Wer dagegen Einblicke in die Denk- und Schreib-Werkstatt einer Bischöfin haben möchte, sollte das «Predigt»-Buch studieren. Käßmann lässt ihre Leser hinter die Kulissen schauen und verrät, wie ihre Predigten zustande kommen. Dazu gehört auch, dass sie zwischen «Muss und Lust»-Terminen unterscheidet.

Beeindruckend ist die enorme Vielfalt der sozialen und politischen Themen, die sie immer wieder mit der biblischen Botschaft verknüpft. «Wer von der Hoffnung auf das himmlische Jerusalem predigt, kann nicht die Situation des realen Jerusalem ignorieren», schreibt sie. Das Predigen bleibe eine Herausforderung: «Und zwar jeden Sonntag neu».

Hinter der eher lapidaren Überschrift «Schlussreflexion» verbergen sich dann 36 Seiten mit persönlichen Eindrücken ihrer ersten dreieinhalb Jahre als Bischöfin der größten evangelischen Landeskirche in Deutschland. Hier schildert die 45-Jährige mit viel Humor außerdem die anfänglichen Vorbehalte gegen sie als Frau und Mutter und lässt auch kuriose Begegnungen nicht aus.

Margot Käßmann «Kirche in gesellschaftlichen Konflikten. Kirchenleitende Predigten», Kohlhammer Verlag 2003, 20 Euro und Margot Käßmann, Joachim Wanke «Heute seine Stimme hören. Das Lukasevangelium als Jahresbegleiter», Herder Verlag, 24,90 Euro.