Weltgebetstreffen: Umjubelt wie Popstars

Religionsführer aus aller Welt riefen in Aachen zum Frieden auf

Von Marion Menne

Aachen (epd). Eine Stimmung wie bei einem Pop-Konzert herrschte am Dienstagabend auf dem großen Platz hinter dem Aachener Dom. Die von mehreren tausend Menschen umjubelten Stars auf der Tribüne waren katholische Kardinäle, buddhistische Mönche, indische Priester, muslimische Führer. Dauerapplaus und Tränen der Rührung gab es, als die bunte Geistlichkeit, einer nach dem anderen, eine Kerze ansteckte und den Friedensappell unterzeichnete, mit dem das dreitägige «Weltgebetstreffen» endete.

Der verlesene Appell war eindringlich: «Haltet ein! Tötet nicht! Die Gewalt ist eine Niederlage für alle!» Angesprochen waren vor allem jene, die im Namen Gottes Krieg führen. «Niemals können die Religionen Hass und Gewalt rechtfertigen», wurden sie beschworen. Gleichzeitig appellierten die Friedensstifter, auf die Kunst des Dialogs zu setzen.

Der Dialog stand denn auch im Mittelpunkt dieses Gipfels der Religionen. 450 Geistliche waren angereist, 5.000 Gäste aus 58 Ländern hörten ihre Ausführungen, 1.500 freiwillige Helfer waren im Einsatz - fast wie auf einem kleinen Kirchentag.

Für die Studentin Eva Schmitt aus Würzburg etwa war es «ein ganz großes Erlebnis». Zu sehen, dass Vertreter verschiedener Religionen aufeinander zugehen können, hat sie begeistert. Der Theologiestudent Martin Kämpf vermisste jedoch wirkliche Dialoge zu Themen wie Aids oder Irak. Die Geistlichen und Politiker hielten ihre Referate - Zeit für Fragen oder Erwiderungen sei wenig geblieben.

Die beiden Studenten gehören zu den 40.000 Mitgliedern der katholischen Laienbewegung Sant'Egidio, die für ihren Friedenseinsatz bekannt ist und jedes Jahr Weltgebetstage ausrichtet. Für 2004 hat der Gründer, der römische Geschichtsprofessor Andrea Riccardi, nach Mailand eingeladen.

Viele Gäste kommen regelmäßig zu den Treffen, wie zum Beispiel Yoshihiro Miyazaw, Shinto-Priester aus Japan. Alle acht Millionen Götter der Volksreligion Shintoismus mögen ihren Teil dazu geben, dass Frieden werde, wünschte er sich. Dafür zelebrierte er mit sieben Priesterkollegen in weißen Roben unter den Bäumen eines Schulhofes ein Bitt-Ritual. Auf einem Altar wurden Reis, Reiswein, Salz, Wasser und Früchte geopfert, unter den sphärischen Klängen eines Flötentrios.

Um die Ecke hatte ein Hindu-Priester seinen Altar aufgebaut, und in den Klassenräumen beteten und tanzten kleine, von westlichen Besuchern nie gesehene asiatische Gemeinschaften wie die Oomoto oder die Tenrikyo. In der Nachbarschaft bezogen Muslime für ihr Friedensgebet einen ehemaligen Kirchbau. Jüdische Gläubige versammelten sich in der Synagoge, die Christen im Dom, bevor alle zum Schlussakt zogen.

Unter die Freude mischten sich aber auch kritische Töne. Der Teilnehmer A-Manuel Iyassu zum Beispiel, ein Aachener, der aus Eritrea stammt, meint: «In der Praxis ist Religion immer ein Kriegserzeuger.» In Aachen habe sich lediglich eine Minderheit versammelt: «Minderheiten sind intelligent und kraftlos, die Mehrheit ist groß und dumm.»