Sozialhilfeempfänger: Kurs auf einen neuen Job

Ehemalige Sozialhilfeempfänger betreiben Touristenherberge auf umgebautem Elbedampfer

Von Marius Zippe

Dresden (epd). «Aktion! Happy Summer! 12,50 Euro!», werben Faltblätter für die Übernachtung auf dem umgebauten Elbe-Raddampfer «Die Koje». Dass die neue Touristenherberge in Dresden Quartiere zu Niedrigpreisen anbieten kann, hat einen einfachen Grund: Sie beschäftigt ausschließlich ehemalige Sozialhilfeempfänger, die sich in einem Qualifizierungsprogramm befinden.  Mit Übernachtungspreisen von 12,50 bis 18 Euro gehört «Die Koje» zu den Preisbrechern, Fahrradausleihe, Internetnutzung und Frühstück inklusive. Der Raddampfer diente schon in der Vergangenheit als Herberge. Nach einer Pleite dümpelte er im Hafen in der Nähe des Stadtzentrums lange vor sich hin. Jetzt wurden die Anker wieder gelichtet. Herbergschef Uwe Hentschel ist sich sicher, dass es an Gästen nicht fehlen wird.

Die neue Herberge wird von Sozialhilfeempfängern betrieben, die für ihre Arbeit ein Taschengeld erhalten. Träger des Projektes ist die städtische Qualifizierungs- und Arbeitsförderungsgesellschaft Dresden (QAD). Mit Geld vom Sozialamt, dem Arbeitsamt oder der Wirtschaftsförderung versucht die Gesellschaft, Sozialhilfeempfängern wieder zu einer «richtigen» Arbeit zu verhelfen. Nach Einschätzung der QAD-Mitarbeiterin Beate Wober wird das bei jedem dritten Teilnehmer des Programms gelingen.

Die 1991 von der Stadt Dresden und der damaligen Gewerkschaft ÖTV gegründete städtische Tochtergesellschaft hat sich auf die Vermittlung von Sozialhilfeempfängern und Jugendlichen ohne Bildungsabschluss spezialisiert. Die Existenz der «Koje» ist vorerst für ein Jahr gesichert.

Zwölf Mitarbeiter auf dem Schiff erhalten eine so genannte Mehraufwandsentschädigung. Sie bleiben Sozialhilfeempfänger, dürfen aber fünf Stunden zu je 1,28 Euro pro Tag arbeiten. Die Stadt Dresden hat dafür 95.000 Euro zugesichert. Fünf weitere Angestellte werden über eine so genannte «Hilfe zur Arbeit»-Maßnahme des Sozialamtes finanziert. Sie erhalten für ein Jahr ein Brutto-Gehalt von 1.090 Euro. Einzig Herbergschef Uwe Hentschel wird von den Einnahmen aus dem Herbergsbetrieb bezahlt.

Mit dem Finger geht Hentschel die Mitarbeiterliste durch. Darunter sind eine Restauratorin, ein Tischler und ein Koch. Manche haben keine Ausbildung. Gerade diejenigen, die aus der Selbstständigkeit direkt in die Sozialhilfe gerutscht sind, seien aber sehr fit.

Einer von ihnen ist Jens Sebohte. Der 39-Jährige musste die Arbeit als selbstständiger Hausmeister und Techniker wegen fehlender Aufträge aufgeben. Auf den Tipp einer QAD-Mitarbeiterin hin bewarb er sich um eine Stelle auf dem Herbergsschiff. Von der Arbeit dort verspricht er sich, das er «den Kopf wieder hoch kriegt». Er wird die Technik auf dem Schiff betreuen: von der Heizung bis zur Kaffeemaschine.

Wie es nach dem ersten Jahr weitergeht, ist noch ungewiss. Kommen genügend zahlende Gäste, dann entstehen hier vielleicht auch ein paar feste Stellen, hofft Hentschel. Das Herbergsprojekt diene aber vor allem dazu, dass Menschen wieder in einen Arbeitsrhythmus kommen und selbst aktiv werden. Das erhöhe die Chancen bei Bewerbungen um andere Stellen. Hentschel: «Das Beste ist, wenn jemand nach ein paar Monaten ankommt und verkündet, er habe eine neue Arbeit.»