Kirchliche Hilfswerke plädieren für «globalen Interessenausgleich»

Bonn/Stuttgart (epd). Kirchliche Hilfswerke haben kritisiert, dass Entwicklungshilfe nach den Anschlägen vom 11. September 2001 zunehmend als Gefahrenabwehr für die Industrieländer betrachtet wird. Der Mangel an sozialer Gerechtigkeit auf der Welt sei aber eine grundsätzliche Herausforderung und dürfe nicht nur im Zusammenhang mit terroristischer Gewaltausübung betrachtet werden, heißt es in dem am Montag verbreiteten Positionspapier «Entwicklungspolitik im Windschatten militärischer Interventionen?».

«Nicht Angst bewegt uns, sondern die Überzeugung, dass eine andere Welt notwendig und möglich ist», betonen Misereor, Brot für die Welt und der Evangelische Entwicklungsdienst. Entwicklung sei ein Prozess der Befreiung von Hunger, Armut, Krankheit und Unterdrückung, der darauf ziele, Arme und an den Rand Gedrängte zu ihrer Würde und ihrem Recht zu verhelfen. Kirchliche Entwicklungshilfe könne daher nicht einem Sicherheitsgedanken verpflichtet sein, der die Unversehrtheit der Lebensverhältnisse im Norden in den Mittelpunkt stellt.

Die Hilfswerke äußern sich besorgt darüber, wie schnell sich die internationale Aufmerksamkeit ständig neuen Kriegsschauplätzen zuwende. Strategien für eine langfristige Veränderung gerieten so aus dem Blickfeld. Sicherheit sei aber unteilbar. Sie erfordere einen globalen Interessenausgleich, der von den Industrieländern erhebliche Zugeständnisse und Veränderungen verlange.

Nach dem 11. September wurde die Entwicklungspolitik nach Auffassung der Hilfswerke durch die wachsende Zahl militärischer Interventionen in eine neue Rolle gedrängt. Sie werde zur indirekten Finanzierung der Kriegskosten eingeplant. Die öffentliche Aufmerksamkeit verlagere sich auf den Wiederaufbau und auf humanitäre Hilfe, es zählten schnelle Ergebnisse. Dabei würden langfristige Programme der Armutsbekämpfung und der Menschenrechtsarbeit vernachlässigt.

Die Hilfswerke betonen, dass die Verhinderung von gewaltsamen Konflikten und Kriegen weiter Vorrang haben müsse. Nach Auffassung vieler «auch in den eigenen Reihen» nehme aber auch die Zahl der Gewaltsituationen zu, bei denen nur durch eine multilaterale militärische Intervention Menschenleben gerettet werden können.

Eine militärische Intervention könne nur die Waffen zum Schweigen bringen, aber keinen Frieden herstellen, so die Hilfswerke weiter. Friedensfähige politische und gesellschaftliche Strukturen müssten in den Ländern selbst geschaffen werden. «Frieden muss 'von unten' wachsen», so die Hilfswerke.