Ethik-Diskussion im Mittelpunkt von Ev. Medienkongress

Berlin (epd). Die Grundwerte in den Medien müssen nach Ansicht des Hamburger Medienwissenschaftlers Knut Hickethier ständig neu ausgehandelt werden. Grenzverletzungen sowie der Streit um zulässige Darstellungen und eine angeblich «sittliche Verrohung» der Medien durchziehe deren gesamte Geschichte, sagte Hickethier in seinem Auftaktreferat am Dienstag beim zweiten Evangelischen Medienkongress in Berlin. Die Tagung anlässlich der Internationalen Funkausstellung steht unter dem Titel «Medien, Werte und Tabus».

Der sich dabei vollziehende Wertewandel sei ein fließender Prozess, so Hickethier. In der heutigen Gesellschaft könne es nur eine pluralistische Werteordnung geben. Das Fernsehen wirke dabei als «Katalysator des strukturellen Wertewandels». In diesem medialen Forum würden Werte eher nach einem marktwirtschaftlichen Modell und zwischen dem Staat und bedeutenden Gruppierungen wie den Kirchen «ausgehandelt».

Der ehemalige Geschäftsführer des privaten Fernsehsenders RTL, Helmut Thoma, kennzeichnete die Ethik- und Wertedebatte mit dem Satz: «Alles ist relativ». Es gebe nur wenige Grundwerte und lediglich eine «gewisse Basis» an Normen, die auch durch die Religionen geprägt seien. Medien könnten vielleicht Entwicklungen beschleunigen oder auch bremsen, aber nicht hervorrufen. Insofern müssten die Medienveranstalter auch mit dem Wertesystem der Gesellschaft leben, sonst seien sie nicht erfolgreich. Die vielfach befürchteten «Exzesse» bei einem weitgehend liberalisierten Medienmarkt seien ausgeblieben. Thoma plädierte daher für Gelassenheit.

In der Diskussion verwies Sat.1-Chefredakteur Jörg Howe auf die Freiheit des Abschaltens als Regulativ. Es gebe keine «Zwangsbeglückung» durch die Medien, mithin gebe es auch kein Problem, was die Inhalte betreffe.

Eine stärkere Auseinandersetzung mit der Wertevermittlung im Fernsehen forderte der Geschäftsführer von Bibel TV, Henning Röhl. Es gebe eine wesentliche Einengung bei den Programmen auch der öffentlich-rechtlichen Sender, sagte der frühere Programmdirektor des Mitteldeutschen Rundfunks. Bei den fiktionalen Darstellungen herrsche die Dramaturgie des Krimis vor, dazu gebe es Soaps und «sonst nichts mehr».

Der ARD-Fernsehmoderator und evangelische Theologe Jürgen Fliege beklagte, dass auf der Funkausstellung die Verantwortlichen an prominenter Stelle lediglich über Zahlen sprächen. Niemand erörtere dort die Inhalte oder diskutiere die möglichen Schäden oder Beeinträchtigungen durch geistige Verrohung. Allerdings, gab Fliege zu bedenken, seien seelische Verletzungen auf Grund medialer Wirkungen auch schwerer zu werten als äußere Versehrungen.