Weltkirchenrat: Menschliches Leben darf nicht zur Ware werden

Tagung des ÖRK-Zentralausschusses eröffnet

Genf (epd). Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) hat davor gewarnt, menschliches Leben in den neuen Biotechnologien wie eine Ware zu behandeln. Besonders die Forschung an embryonalen Stammzellen dürfe nicht allein wirtschaftlichen Interessen unterworfen werden, erklärte ÖRK-Generalsekretär Konrad Raiser am Dienstag in Genf zum Auftakt der Zentralausschuss-Sitzung des Bundes von 342 Kirchen in 120 Ländern. «Alles Leben gehört letztlich Gott», unterstrich Raiser. Auch die Patentierung menschlicher genetischer Information stehe dazu im Widerspruch.

Zugleich kritisierte der deutsche Theologe die zunehmende Auswahl menschlichen Lebens vor der Geburt. «Neue Selektionstechniken wie die pränatale genetische Diagnostik bereiten den Weg für neue Formen von Eugenik.» Auf Eltern, die bereit sind, behinderte Kinder aufzuziehen, dürfe kein moralischer Druck ausgeübt werden.

Raiser rief erneut zu einer Neugestaltung der ökumenischen Bewegung auf. Als größte Herausforderungen nannte er Finanzknappheit, eine nachlassende Dynamik der Ökumene und eine zunehmende Konkurrenz zwischen Kirchen und kirchlichen Organisationen. Der 65-jährige frühere Bochumer Theologieprofessor Raiser scheidet nach mehr als zehn Jahren Ende 2003 als Generalsekretär aus dem Amt. Ein Schwerpunkt der bis 2. September dauernden Zentralausschusssitzung ist die Wahl seines Nachfolgers am Donnerstag.

Der Weltkirchenrat forderte einen verstärkten Dialog der Religionen. Besonders im Kampf gegen den militanten Fundamentalismus müssten die Religionen gemeinsam als Friedenstifter wirken, erklärte der Vorsitzende des ÖRK-Zentralausschusses, Aram I. von der Armenischen Apostolischen Kirche. Religiöser Fundamentalismus sei «zur gefährlichsten Kraft unserer Zeit geworden», so der libanesische orthodoxe Theologe.

In einer von der «Kultur des Todes» beherrschten Welt suchten die Menschen Hoffnung in den Religionen. Besonders wichtig sei heute der christlich-islamische Dialog. «Dialog gefährdet nicht den eigenen Glauben», fügte Aram I. vor 158 Delegierten hinzu. Vielmehr helfe der Austausch, im eigenen Glauben zu wachsen. Das 21. Jahrhundert werde nach Ansicht vieler Fachleute das «Zeitalter der Religion».

Zur Erinnerung an den Völkermord in Ruanda in den 90er Jahren wurde am Dienstag im Ökumenischen Zentrum in Genf eine Ausstellung eröffnet. Unter dem Motto «Narben der Erinnerung» werden bis 24. September Werke des Bildhauers Kofi Setordji aus Ghana gezeigt. Die Holzskulpturen sollen an die fast eine Million Opfer der Verbrechen und das «Schweigen der internationalen Gemeinschaft» erinnern.

Der Zentralausschuss ist das höchste ÖRK-Leitungsgremium zwischen den etwa alle sieben Jahre stattfindenden Vollversammlungen. Die Tagung steht in diesem Jahr unter dem Motto «Dem Leben dienen». Unter anderem ist eine Erklärung zur Integration Behinderter geplant. Das Gremium beschäftigt sich zudem mit der angespannten Finanzlage des Rates und dem Ausgleich zwischen protestantischen und orthodoxen Mitgliedskirchen. Beide Themen werden die Zukunft des rund 400 Millionen Christen repräsentierenden ÖRK entscheidend beeinflussen.