Herder: Ein Philosoph im kirchlichen Amt

Zum 200. Todestag von Johann Gottfried Herder erinnert Weimar an den Klassiker

Von Thomas Bickelhaupt

Weimar (epd). Er gilt als der erste Klassiker der deutschen Literatur: Johann Gottfried Herder. Der Theologe, Philologe und Dichter (1744-1803), dessen 200. Todestag am 18. Dezember bevorsteht, wird in diesem Jahr von der Stadt Weimar gewürdigt, unter anderem mit einer Ausstellung und wissenschaftlichen Tagungen. Geboren in Ostpreußen, verbrachte Herder die meiste Zeit seines Lebens in der thüringischen Stadt, unter anderem ab 1776 als evangelischer Generalsuperintendent des Herzogtums Sachsen-Weimar.

Bereits 1850, sieben Jahre vor der Aufstellung des berühmten Doppelstandbilds von Goethe und Schiller, setzte ihm Weimar auf dem Platz vor der Stadtkirche, seiner einstigen Wirkungsstätte, ein Denkmal. Vor seinem Ruf an den thüringischen Musenhof hatte sich Herder bereits mit Veröffentlichungen zu philologischen und theologischen Fragen einen Namen gemacht.

Das geistliche Amt in Weimar hatte er seinem Straßburger Studienfreund Johann Wolfgang von Goethe zu verdanken. Herders weniger bekanntes Wirken als Kirchenmann steht von Sonntag an im Mittelpunkt einer Ausstellung in der Stadtkirche, die heute weithin als «Herderkirche» bekannt ist.

Unter dem Motto «Humanität ist der Schatz aller menschlichen Bemühungen» illustrieren Texttafeln und historische Exponate wie Gesangbücher, Siegel und Büsten in der Nähe von Herders Grabstätte im Altarraum die Anforderungen an sein kirchliches Amt. Herder war nicht nur Generalsuperintendent für das Herzogtum, sondern zugleich Oberhofprediger und Oberkonsistorialrat. Zu seinem Aufgabenbereich gehörte auch die Schulaufsicht.

Nach Einschätzung des Jenaer Kirchengeschichtlers Volker Leppin war der Zwiespalt zwischen dem eigenen, fast schon «hochtrabenden» Selbstverständnis und die Wahrnehmung nur lokaler Aufgaben für kaum einen anderen der großen Weimarer Klassiker «so frustrierend wie für den philosophierenden Theologen». Als Beispiele nennt Leppin die nur zögernd eingeführten neuen Predigtordnungen und Gesangbücher. Mit ihnen wollte Herder die Gottesdienste nach der noch gültigen Kirchenordnung von 1664 modernisieren.

Vor dem Hintergrund einer «permanenten Frustration» habe Herder sich schließlich vor allem in «Wort, Predigt und Lehre» entfalten können, so Leppin. Zum Ertrag von Herders Weimarer Zeit gehören als wichtigste Veröffentlichungen die Volksliedsammlung «Stimmen der Völker in Liedern» (1778/79), die «Briefe zur Beförderung der Humanität» (1793-1797) und fünf Bände «Christliche Schriften» (1794-1798).

Mit den Schriften, aber auch mit dem Arbeits- und Lebensumfeld des Generalsuperintendenten wird sich im Dezember auch eine wissenschaftliche Tagung der Friedrich-Schiller-Universität beschäftigen. Bereits im November widmet die Evangelische Akademie Thüringen dem 200. Todestag Herders in Weimar einen viertägigen Kongress über «Kultur und Mannigfaltigkeit». Als Hauptredner ist der Philosoph Peter Sloterdijk angekündigt.