Therapie mit Gebet und Bibelvers

Christlich orientierter Psychologe hilft Gläubigen bei Seelenproblemen

Von Gabriele Lorenz-Rogler

Heidelberg (epd). Es kommt vor, dass er seinen Patienten ein Gebet mit auf den Weg gibt. Oder er fordert zum Ende der Sitzung: «Lesen Sie zu Hause laut einige Bibelverse.» Gerhard Krumbach ist «christlich orientierter Psychotherapeut». Mitten in der Konsummeile der Heidelberger Altstadt findet seine vor etwa 15 Jahren eröffnete Praxis so großen Zulauf, dass er täglich sogar fünf bis sechs Anfragen ablehnen muss.

Die Patienten des 50-Jährigen stammen sowohl aus Landeskirchen wie Freikirchen. In der Regel nehmen sie ihren Glauben sehr ernst. Gemeinsam ist ihnen ein handfestes privates Problem, für das sie alleine keinen Einklang mit ihrem christlichen Glauben finden. Eine junge Frau leidet etwa unter einem starken Harmoniewunsch: Alle Menschen sollen sich lieben! Mit tiefenpsychologischem Gespür deckt Krumbach das Kindliche dieses Wunsches auf.

Gleichzeitig nehme er die Patientin aber auch als Christin ernst, sagt der Therapeut. «Ich gebe Unterstützung, die eigene Form des Glaubens zu entfalten.» Missionieren wolle er aber nicht, betont er. Sein Vorbild sei der Benediktinermönch Anselm Grün. Wie der erfolgreiche Autor praktischer Alltagsratgeber möchte Krumbach die Menschen zu einem sinnerfüllten Leben anleiten.

Damit füllt er auf dem Markt der Psychotherapie eine Lücke aus. Problembeladene tiefgläubige Christen scheuen oft den Weg zu den üblichen Therapeuten. Sich jemandem zu offenbaren, der etwa den Glauben an die Auferstehung Jesu Christi nicht nachvollziehen kann, fällt ihnen schwer.

Michael Utsch von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) in Berlin sieht in Krumbachs Arbeit einen zukunftsweisenden Trend: «Es gibt ein großes Bedürfnis nach seelischer Orientierung und Heimat, ein Bedürfnis nach Leitung und Unterordnung.» So wollten die Menschen nicht nur zu Weihnachten und Ostern Orientierung, sondern sie benötigten geistliche Führung gerade im Alltag. Utsch verweist auf wissenschaftliche Studien aus den USA: Demnach sei der Glaube ein positiver Gesundheitsfaktor.

Der katholische Theologe, Autor und Psychoanalytiker Eugen Drewermann bewertet die Behandlungsmethode seines Heidelberger Kollegen skeptischer: Psychotherapie dürfe niemals ideologieabhängig oder konfessions- beziehungsweise religionsgebunden sein. Entscheidend für eine sinnvolle Therapie sei jedoch die Haltung der Helfenden: «Dem Menschen begegnen ohne zu verurteilen, ihm ein Empfinden für die Berechtigung, die Bejahung seiner Person schenken.»

Dass überhaupt Gläubige ihre Seelenprobleme einem speziellen Therapeuten anvertrauen müssen, sieht Drewermann im gegenwärtigen Zustand der Kirchen begründet. «Die lassen die Menschen allein», kritisiert er. «Sie geben keine Antworten auf wichtige Lebensfragen.»

Buchhinweis: Über christlich orientierte Psychotherapie informiert «Der Beratungsführer», Brockhaus-Verlag, 240 Seiten, 9,90 Euro.