Katastrophenhilfe warnt vor Missbrauch humanitärer Hilfe

Evangelisches Hilfswerk verzeichnet im Jahr der Elbeflut Spendenrekord

Berlin (epd). Die Diakonie-Katastrophenhilfe hat sich entschieden gegen eine staatliche Kontrolle der Arbeit von Hilfswerken in Krisenregionen gewandt. Humanitäre Hilfe dürfe nicht, wie im Irak geschehen, zu politischen oder militärischen Zwecken missbraucht werden, sagte die Direktorin des evangelischen Hilfswerkes, Cornelia Füllkrug-Weitzel, am Mittwoch vor Journalisten in Berlin. Neutralität und Unabhängigkeit so genannter Nichtregierungsorganisationen müssten als wichtigste Prinzipien ihrer Arbeit erhalten bleiben, betonte die Theologin.

Der Versuch der Bush-Administration, den Irak-Krieg mit humanitären Gründen zu rechtfertigen und die Hilfswerke dafür einzuspannen, gebe Anlass zu «allertiefster Sorge», sagte Füllkrug-Weitzel. Derzeit werde in den USA sogar darüber diskutiert, ob Organisationen, die nicht der «Regierungslinie» folgten, künftig noch staatliche Gelder erhalten sollten. «Unsere Aufgabe ist es, immer wieder entschieden gegen eine derartige Vereinnahmung zu protestieren und vor den Folgen von Kriegen zu warnen.» Wichtig sei zudem die Zusammenarbeit mit lokalen Gruppen in Krisenregionen, da diese als Teile der Gesellschaft «nicht so ohne Weiteres kontrolliert werden können».

Den USA warf Füllkrug-Weitzel zudem mangelndes Interesse an der Entwicklung «friedensfähiger» und demokratischer Strukturen im Irak vor. Diese seien Voraussetzung dafür, dass aus der Befriedung auch tatsächlich Frieden werde, erklärte die Direktorin bei der Jahrespressekonferenz ihrer Einrichtung. Die Kirchen im Land seien bereit, am Aufbau der Zivilgesellschaft mitzuwirken «und die tiefen Gräben, die der 11. September 2001 zwischen Christen und Moslems geschlagen hat», zu überwinden, betonte sie.

Die Diakonie-Katastrophenhilfe hat im vergangenen Jahr die höchsten Spendeneinnahmen ihrer Geschichte erzielt. Auf den Spendenkonten des evangelischen Hilfswerkes seien 2002 rund 64 Millionen Euro eingegangen, davon allein 60 Millionen Euro für die Opfer der Jahrhundertflut im August. Davon seien bis Juli 2003 insgesamt 52 Millionen Euro für die Fluthilfe in Europa aufgewendet worden, berichtete Füllkrug-Weitzel. In die betroffenen ostdeutschen Bundesländer flossen 45 Millionen Euro, vier Millionen Euro gingen nach Osteuropa, weitere drei Millionen Euro wurden für Projekt begleitende Maßnahmen eingesetzt.

Als «beschämend» bezeichnete es die Direktorin, dass durch die Elbeflut viele «weitaus schlimmere Katastrophen auf unserem Globus nahezu vergessen wurden». So hätten etwa zur gleichen Zeit 14 Millionen Menschen im südlichen Afrika unter Hunger gelitten. Das Engagement der Katastrophenhilfe sei deshalb auch 2002 weit über Deutschland und Osteuropa hinausgegangen. Insgesamt seien 176 Programme in 51 Ländern finanziert worden. «Wir haben Opfer von Kriegen und Bürgerkriegen unterstützt, von denen die Welt die Nase voll hatte», sagte sie. So sei neben den Hungernden in Afrika etwa auch Vertriebenen und Flüchtlingen in Palästina, Tschetschenien oder Afghanistan geholfen worden.