Dichter und Denker uneins beim Thema «Glück»

Ein Hamburger Journalist sammelte «Glücks-Zitate»

Von Thomas Morell

Hamburg (epd). «Glück ist der Stuhl, der plötzlich da steht, wenn man sich zwischen zwei andere setzen wollte», schrieb einst der irische Schriftsteller George Bernard Shaw. Seit seiner Schulzeit hat der Hamburger Journalist Ernst Günter Tange (69) Zitate über das Glück gesammelt. Doch seine im Juli erschienene Sammlung zeigt, dass sich Dichter und Denker über den Wege zum Glück uneins sind. Klar ist nur, dass Glück wichtig und von kurzer Dauer ist.

Strittig ist etwa, ob man Glück erlernen kann. «Ich hab' einmal gelesen, man könne das Glück auch lernen», schrieb Theodor Fontane. Ähnlich sah es Georg Christoph Lichtenberg: «Glück ist eigentlich nur der Wille zum Glücklichsein.» Schauspieler wie Klaus Löwitsch konnten dem beipflichten: «Zum Glück gehört, dass man irgendwann beschließt, zufrieden zu sein.»

«Glücklichsein ist eine Kunst», heißt es dagegen beim Schriftsteller Ludwig Marcuse. Und Hermann Hesse schrieb: «Solange du nach dem Glücke jagst, bist du nicht reif zum Glücklichsein.» Ähnlich sieht es Luise Rinser: «Das Glück kann man nicht suchen. Man muss von ihm gefunden werden.» Der französische Philosoph Voltaire versuchte, den Widerspruch mit Humor zu überwinden: «Wir alle suchen das Glück, wissen aber nicht, wo es ist - wie ein Betrunkener, der sein Haus sucht und sich nur dunkel erinnert, dass er eines hat.»

450 heitere Bonmots und gedankentiefe Sprüche über das Glück hat der frühere NDR-Pressesprecher Tange für seine Sammlung ausgewählt. Damit wolle er auch seine Leser glücklich machen, so Tange in einem Zitat: «Wenn sie unglücklich bleiben, ist das Rezept offensichtlich verfehlt.» Fündig wurde er in Romanen, im Kabarett, auf Kalenderblättern und an den Schwarzen Brettern der Büros, wo es etwa heißt: «Wer im Glück badet, zieht nicht gern den Stöpsel aus der Wanne.»

Glück scheint immer kurz zu sein. «Es gibt kein unbedingtes und ungetrübtes Glück, das länger als fünf Minuten dauert», schrieb Theodor Fontane, und auch Goethe hielt Glück für zeitlich begrenzt: «Einen Regenbogen, der eine Viertelstunde steht, sieht man nicht mehr an.» Etwas liebevoller drückte es Heinrich Heine aus: «Das Glück, das gestern mich geküsst, ist heute schon zerronnen.»

So mancher berühmte Mann fühlte sich ohnehin nicht vom Glück verwöhnt. «Wenn ich die mehrfachen Minuten wahren Glücks zusammenzähle, so kommen wohl nicht mehr als vierundzwanzig Stunden im ganzen heraus», sagte Reichskanzler Otto von Bismarck. Und der alte Goethe schrieb: «Ich kann wohl sagen, dass ich in meinen 75 Jahren keine vier Wochen eigentliches Behagen gehabt.»

Dass Geld nicht glücklich macht, ist Allgemeingut. Dennoch sollte man nicht darauf verzichten. «Geld macht nicht glücklich, aber für Glück bekommt man nichts beim Metzger», sagte «Was bin ich?»-Moderator Robert Lembke. Und der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki ergänzte: «Wenn man unglücklich ist, dann ist es schöner, in einem Taxi zu weinen als in einer Straßenbahn.»

Widersprüchlich bleibt der Zusammenhang von Glück und Zweisamkeit. «Glücklich allein ist die Seele, die liebt», schrieb Goethe in jungen Jahren. Ähnlich sah es Leo Tolstoi: «Um glücklich zu sein braucht man nur eins - man muss lieben.» Doch mit der Ehe wird eher Unglück verbunden: «Das größte Glück in der Liebe ist, dass ein anderer sie geheiratet hat», so der US-Journalist Henry Louis Mencken. Und bei Marcel Soubirau heißt es: «Eheliches Glück ist die Kunst, zu zweit so glücklich zu sein, wie jeder hätte sein können, wäre er allein geblieben.»

Manche finden das Glück in Kleinigkeiten wie etwa Fontane: «Ein gutes Buch, ein paar Freunde und keine Zahnschmerzen.» Oder Jean-Jacques Rousseau: «Ein hübsches Bankkonto, eine gute Köchin und eine tadellose Verdauung.» Andere Schriftsteller finden Glück in der Tiefe wie etwa Sten Nadolny: «Glück heißt zu begreifen, wie alles zusammen hängt.» Und bei Buddha heißt es schlicht: «Glück ist allein der innere Friede.» Möglicherweise kommt man aber dem Glück ohnehin nicht mit Worten auf die Spur. So schrieb Heinrich Heine: «Schweigen ist die wesentliche Bedingung des Glücks.»

(Ernst G. Tange, Zitatenschatz über das Glück, Eichborn-Verlag, Frankfurt a.M., 80 Seiten, 9,95 Euro, ISBN 3-8218- 4861-8.)