Gottesdienst in Shorts und Sandalen

Urlauberseelsorge der Kirchen zwischen Harz und Küste unterwegs

Von Dieter Sell

Cuxhaven (epd). Mitten auf dem Campingplatz am Strand im Nordseebad Dorum bei Cuxhaven haben Elke und Bernd Bode das Zelt der «Kirche unterwegs» aufgeschlagen. Zwischen dem spartanischen Wohnwagen vom Typ Knaus-Monsun und rollenden Villen mit allem Komfort steht ihr Altar mit schlichtem Holzkreuz. Das Ehepaar gehört zu den 23 oft ökumenischen Teams der kirchlichen Urlauberseelsorge, die in dieser Saison zwischen Harz, Heide, Osnabrück, Weserbergland und Küste ganz ungezwungen in Shorts und Sandalen zum Gottesdienst einladen.

Besonders beliebt sind ihre Kinderstunden und das Abendprogramm. Dann ist das Zelt meist rappelvoll. «Hier kann man Freunde kennenlernen», freut sich die 16-jährige Jessica, die schon zum zweiten Mal die «Gute-Nacht-Geschichte» der Bodes besucht. «Die Kinder kommen auch zu uns, um Stress abzulegen und ihre Sorgen rauszulassen», erzählt Bernd Bode, hauptberuflich als Sozialpädagoge in der Jugendhilfe tätig.

So geht es nicht nur den Jüngeren. Im Urlaub ist Zeit. Und mit der Zeit kreisen die Gedanken weitab von den Zwängen des Alltags auch um Krisen und wichtige Lebensfragen. «In dieser Situation möchten wir die Menschen begleiten und sinnvoll Freizeit gestalten», sagt der evangelische Urlauberpastor Hartmut Schneider. Zusammen mit seinem katholischen Kollegen Bernhard Schillmüller unterstützt er viele der etwa 250 Ehrenamtlichen, die bis September auf Campingplätzen Angebote für die ganze Familie machen.

Um ihr Programm vorzustellen, gehen die Bodes von Wohnwagen zu Wohnwagen. Aber auch im Waschhaus, beim Geschirrspülen und in der Schlange beim Brötchenholen kommt es mitunter zu tiefgründigen Gesprächen. «Die Mitarbeitenden hören zu und können sich rechtzeitig zurücknehmen, wo professionelle Hilfe nötig ist», erläutert Schneider.

Die ehrenamtlichen Teams mit Helfern zwischen 18 und 69 Jahren leben in Wohnwagen, die ihnen die Kirchen komplett eingerichtet stellen. In Niedersachsen beteiligen sich die hannoversche und die braunschweigische Landeskirche zusammen mit dem katholischen Bistum Hildesheim an der Seelsorge unter freiem Himmel. Allein an der Nordseeküste haben mehr als 100 Ehrenamtliche ihre Zeltkirchen auf elf Campingplätzen zwischen Norddeich und Otterndorf aufgestellt. Im Elbe-Weser-Raum sind sie auch in Cuxhaven-Sahlenburg und in Bad Bederkesa präsent.

«Viele Menschen schätzen die Kirche unterwegs als Platz, an dem sie durchatmen können», sagt Hartmut Schneider. «Wir wollen ohne Lautsprecher und ohne Hatz von einem Event zum anderen dazu beitragen, dass sie zu sich selbst kommen.» Das fasziniert auch den achtjährigen Jaro, der auf dem Campingplatz weder Fernsehen noch Computer vermisst. Er kommt vor allem, weil «wir hier gemeinsam Spiele machen».

Das aktuelle Stichwort: Kirche unterwegs:

(epd). Die «Kirche unterwegs» ist bundesweit ein spezielles Angebot der evangelischen Landeskirchen für Urlauber auf Campingplätzen. Neben vielen Ehrenamtlichen kümmern sich nach Angaben der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mehr als 200 Pastorinnen und Pastoren auf rund 90 Campingplätzen im In- und Ausland um Menschen, die Ruhe und Erholung suchen.

Die Teams der «Kirche unterwegs» wollen seit mehr als 50 Jahren mit speziellen Freizeitangeboten und der Unterstützung vieler Kurdirektionen zu einem runden Urlaub mit Erholung für Körper, Geist und Seele beitragen. Sie stehen für Gespräche zur Verfügung und organisieren Schnitzeljagden und Nachtwanderungen. Sie bieten Gottesdienste und Gute-Nacht-Geschichten. Ihre Veranstaltungen wenden sich an Kinder, Jugendliche und Erwachsene.

In Niedersachsen ist die «Kirche unterwegs» eine gemeinsame Aktion der beiden evangelischen Landeskirchen von Hannover und Braunschweig. Seit 1985 macht auch das katholische Bistum Hildesheim mit.