Kirchen sollen nicht Moscheen werden

Minister-Vorstoß aus Nordrhein-Westfalen trifft bei Kirchen auf wenig Gegenliebe

Von Gabriele Fritz (epd)

Düsseldorf (epd). Fast ein Drittel der 35.000 Kirchen in Deutschland könnte nach einer Studie der Universität Dortmund in einigen Jahren leer stehen oder kaum noch genutzt werden. Was tun mit den Gebäuden: Anders nutzen? Verkaufen? In Nordrhein-Westfalen wird seit Wochen über Muslime als mögliche Käufer diskutiert. Der grüne Bauminister Michael Vesper gab der Debatte mit seinem wiederholt geäußerten Vorschlag Nahrung, Kirchen sollten in Moscheen umgewandelt werden.

Vesper hat in Zeiten klammer Kassenlage auch im Blick, dass sich das Land an Sanierungskosten beteiligt, solange die Gebäude in kirchlichem Besitz sind. Doch der Grünen-Politiker stößt bei evangelischer wie katholischer Kirche auf wenig Gegenliebe. «Das ist kein Thema für uns», sagt der Leiter des Katholischen Büros NRW in Düsseldorf, Prälat Karl-Heinz Vogt. Grund sei für die fünf NRW-Bistümer die «pastoral-psychologische Situation».

Die Menschen hätten eine starke Bindung an die Kirche durch Taufe, Erstkommunion oder Hochzeit. Da sei schon die Nutzung durch eine andere christliche Konfession für viele nur schwer zu verkraften, die Weitergabe an eine andere Religion aber unvorstellbar oder zumindest schwer vermittelbar.

In Stadtteilen mit hohem Ausländeranteil könnte ein Verkauf an muslimische Gruppen zu Ressentiments oder Ausländerfeindlichkeit bei der deutschen Bevölkerung führen, befürchtet das Ruhrbistum in Essen. Die Kirche wolle aber Vorbehalte abbauen und nicht neue schüren, sagt Sprecher Ulrich Lota. Im Bistum sei allerdings keine grundsätzliche Entscheidung pro oder contra geplant. Mögliche Einzelfälle müssten «sehr sensibel betrachtet» und entschieden werden.

Anfragen von Muslimen sind den Kirchen in NRW bislang nicht bekannt. Auch bundesweit bleibt die Diskussion bislang theoretisch, denn weder die Evangelische Kirche in Deutschland noch die katholische Deutsche Bischofskonferenz, die zu dem Thema immerhin eine Arbeitsgruppe eingerichtet hat, weiß von einem konkreten Fall. «Wir diskutieren da sehr akademisch», sagt der Sprecher der Evangelischen Kirche im Rheinland, Jens Peter Iven.

Inhaltlich hat sich die rheinische Kirche noch nicht festgelegt. Und auch die sich hartnäckig haltende Meldung, die Evangelische Kirche von Westfalen habe einen Grundsatzbeschluss gegen den Kirchenverkauf an Muslime gefasst, entpuppt sich als Gerücht. Einen solchen Beschluss gebe es nicht und werde es auch nicht geben, versichert die Pressestelle in Bielefeld.

Faktisch lehnt die westfälische Landeskirche jedoch bislang eine Umwidmung ihrer Gotteshäuser in Moscheen ab. Ihr Islam-Beauftragter Gerhard Duncker verweist ähnlich wie das Ruhrbistum auf emotionale Probleme, die ein solcher Vorgang vor Ort auslösen könnte. Anti-islamische Vorurteile dürften nicht geschürt oder gestärkt werden. Auch sei nicht immer klar, welche Vereinigung als Träger eine Moschee übernehme.