Brot für die Welt» warnt vor Verzögerung bei Aids-Bekämpfung

Hilfsorganisation verzeichnet wegen Elbeflut Spendenrückgang von über zehn Prozent

Berlin (epd). Das evangelische Hilfswerk «Brot für die Welt» hat vor weiteren Verzögerungen beim Kampf gegen Aids gewarnt. Die Notwendigkeit nachhaltiger Entwicklungen und weltweiter Gerechtigkeit gerate nur noch dann ins öffentliche Bewusstsein, wenn «Terroristen ihr verwerfliches Tun mit den Gerechtigkeitsforderungen von Millionen Menschen zu legitimieren versuchen», sagte die Direktorin der Hilfsorganisation, Cornelia Füllkrug-Weitzel, am Mittwoch in Berlin.

Die EU-Agrarreform hätte beim Abbau von Subventionen «eindeutig weiter gehender» ausfallen müssen, kritisierte die Direktorin. «Wir können in der Landwirtschaft nicht von einem wirklich freien Handel sprechen.» Die Subventionen in den Industriestaaten verzerrten den Wettbewerb, bei dem kein Produzent aus dem Süden bestehen könne. Die Liberalisierung des Agrarhandels, wie sie im September auf der Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) geplant sei, diene unter diesen Umständen «in erster Linie den großen Agrarmultis». Die Landwirtschaft sollte daher aus den Verhandlungen heraus genommen werden.

Vor dem Hintergrund der in Paris tagenden internationalen Geberkonferenz für den Globalen Aids-Bekämpfungs-Fonds forderte Füllkrug-Weitzel die Bundesregierung zu «mutigen Entscheidungen» auf. Die notwendige Haushaltskonsolidierung «erzwingt mehr denn je Prioritätensetzungen». Deutschland dürfe aber mit seiner Verweigerungshaltung nicht die Freigabe der bereits in Aussicht gestellten EU-Gelder verhindern.

Eine verzögerte Aids-Bekämpfung ziehe den Verlust von Tausenden an Menschenleben und Entwicklungsinvestitionen in Milliardenhöhe nach sich. «Vielleicht werden wir uns in zehn Jahren den Vorwurf machen müssen, genauso wenig wie beim Völkermord in Ruanda gehandelt zu haben», so Füllkrug-Weitzel. «Brot für die Welt» habe 2002 daher 4,4 Millionen Euro für die direkte Aids-Bekämpfung zur Verfügung gestellt. Auch bei allen anderen Projekten werde dies mit berücksichtigt.

Das Hilfswerk habe im vergangenen Jahr insgesamt 49,5 Millionen Euro an Spenden eingenommen und damit einen Spendenrückgang um gut zehn Prozent verzeichnet, berichtete die evangelische Theologin. «Die Jahrhundertflut hat dazu geführt, dass sehr viele Spenden in die Nothilfe gingen», erklärte Füllkrug-Weitzel. Diese «ungeheuere» Hilfsbereitschaft habe «eindrücklich gezeigt, dass alles Gerede von der Spendenmüdigkeit» unsinnig sei. «Aber jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden.»

Organisationen, die langfristige Entwicklungsprojekte finanzierten, hätten es deshalb sehr schwer gehabt, ihre Einnahmen konstant zu halten, sagte die Direktorin. Zudem müßten gerade die «kleinen Leute», von denen «Brot für die Welt» den größten Beitrag an Spenden erhalte, derzeit stärker auf ihren Geldbeutel achten. Die Hilfsorganisation hat nach eigenen Angaben 2002 etwa 1.200 Projekte in Afrika, Asien und Lateinamerika unterstützt.

Zur Diskussion um eine Eingliederung des Hilfswerks in den «Evangelischen Entwicklungsdienst» äußerte Füllkrug-Weitzel, dass es ihre Organisation noch «in absehbarer Zeit» geben werde. Die vereinbarte Kooperation «funktioniert sehr gut», solle aber noch verbessert werden.