«Unkultur des Wegschauens»

Gefängnispfarrer beklagen falsches Verhalten bei Gewalttaten

Bayreuth (epd). Eine «Unkultur des Wegschauens» haben die evangelischen Gefängnisseelsorger in Bayern bei einer Konferenz beklagt. Der Vorsitzende der Konferenz, der Bayreuther Gefängnisseelsorger Ralf Grigoleit, sagte am Mittwoch gegenüber epd, bei vielen Gewalttaten werde eine erschreckende Gleichgültigkeit im Umfeld deutlich.

Die Pfarrer in den Vollzugsanstalten haben sich laut Grigoleit bei ihrer Tagung auch mit den Hintergründen des Coburger Schulattentats auseinandergesetzt. Es sei alarmierend, wenn ein Schüler vor dem Unterricht mit Waffen prahle und Munition verteile, ohne dass jemand ernsthaft einschreite.

Die Unkultur des Wegschauens ist nach Beobachtung der Gefängnispfarrer gepaart mit geradezu hysterischen Reaktionen, wenn eine neue Straftat begangen werde und der Täter überführt sei. Viele Menschen seien offenbar nicht mehr zu einer differenzierten Betrachtung krimineller Handlungen fähig. «Wenn dann der Pfarrer darauf hinweist, dass auch Gewalttäter Menschen seien, erntet er empörte Reaktionen - manchmal von den Gleichen, die vorher gleichgültig daneben standen», sagte Grigoleit. Bei ihrer Konferenz riefen die Gefängnisseelsorger auch dazu auf, im zwischenmenschlichen Umgang mehr Verantwortlichkeit, mehr Zivilcourage und mehr Fürsorge zu zeigen.