Israel: Archäologische "Sensationsfunde" sind Fälschungen

Amt für Altertümer untersuchte Knochenkasten des „Bruders von Jesus“

J e r u s a l e m (idea) - Zwei angebliche Sensationsfunde aus der Frühgeschichte Israels und der Zeit Jesu sind Fälschungen. Zu diesem Ergebnis kommt das israelische Amt für Altertümer in Jerusalem. Es handelt sich um einen im vergangenen Jahr entdeckten Knochenkasten (Ossuar) mit der Inschrift „Jakob, Sohn Josefs, der Bruder von Jeschua“ sowie um eine Steintafel, die die Existenz des Salomonischen Tempels im 9. vorchristlichen Jahrhundert beweisen könnte. Der Knochenkasten galt der US-Fachzeitschrift „Biblical Archeology Review“ zufolge als „möglicherweise älteste dokumentierte Erwähnung von Jesus“. Laut Matthäus 13,55 hatte Jesus einen Bruder namens Jakobus, der nach der Kreuzigung Jesu die urchristliche Gemeinde leitete und im Jahr 62 gesteinigt wurde. Vor 2.000 Jahren wurden Tote in Israel in einer Höhle begraben; nach einem Jahr wurden ihre Knochen gesammelt und in einen Kasten gelegt, der in der Höhle blieb. Dabei wurde üblicherweise nur der Name des Verstorbenen notiert, gelegentlich auch der des Vaters. Die Erwähnung eines Angehörigen lasse darauf schließen, daß dieser eine bedeutende Person gewesen sei, sagte der französische Experte für aramäische Schriften, André Lemaire (Paris), nach der Entdeckung des Fundes, den er für echt hielt. Das andere von der Altertumsbehörde untersuchte Objekt war die „Steintafel des Königs Joasch“, der in Juda von 840 bis 801 v.Chr. regierte. Die Beschreibung von Reparaturarbeiten am Tempel, die die Entlohnung von Bauarbeitern schildert, entspricht den Angaben im 2. Buch der Könige (12,15f). Ihre Echtheit würde die Behauptung von Moslems widerlegen, auf dem Jerusalemer Tempelberg habe nie ein jüdischer Tempel gestanden.

Schriften durchschneiden die ursprüngliche Patina

Wie die Altertumsbehörde am 18. Juni mitteilte, haben die Wissenschaftler bei beiden Funden die Patina, eine im Laufe der Jahrhunderte durch Umwelteinflüsse entstandene Ablagerungsschicht, untersucht. Mikroskopaufnahmen zeigten, daß die in den Stein eingemeißelten althebräischen Buchstaben auf beiden Objekten die ursprüngliche Patina durchschnitten, also sehr viel jünger als die Objekte seien. Die Fälscher hätten die Schriften mit einer künstlichen Patina versehen. Dabei habe man Leitungswasser erhitzt, das es in den vergangenen 3.000 Jahren in den judäischen Hügeln nicht gegeben habe. Dies ergebe die Analyse der Isotopen in der Zusammensetzung des Sauerstoffes. Den Wissenschaftlern zufolge stützen auch die Untersuchung der Texte und Schreibweisen den Fälschungsverdacht. Die „Joasch-Inschrift“ sei offensichtlich von einem modernen Hebräisch-Sprecher verfaßt worden, der Textteile aus der Bibel so zusammensetzte, daß sie ihm als biblisches Hebräisch erschienen. Unklar sei allerdings, wer diese Fälschungen wann vorgenommen habe. Die Herkunft des Knochenkastens und der Steintafel lägen nach wie vor im Dunkeln. Bislang endeten die Spuren bei dem privaten Antiquitätensammler Oded Golan, der seine Identität lange Zeit nicht preisgeben wollte.