Kirchen und Gewerkschaften lehnen Feiertags-Streichung strikt ab

Clement verteidigt Vorschlag: Ritualisierte Reaktionen 

Frankfurt a.M. (epd). Der Vorstoß von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) zur Streichung von Feiertagen ist bei Kirchen und Gewerkschaften auf scharfe Ablehnung gestoßen. Darüber dürfe nicht «nach Kassenlage oder Konjunktur» entschieden werden, kritisierte der Mainzer Kardinal Karl Lehmann am Mittwoch. Die Deutschen hätten «zunächst mal zu wenig Arbeit», sagte der DGB-Vorsitzende Michael Sommer. Clement verteidigte seine Überlegungen und sprach von «ritualisierten Reaktionen». 

DGB-Chef Sommer forderte Clement auf, nicht «jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf zu treiben». Vornehmste Aufgabe des Ministers sei es, Beschäftigung zu schaffen, und nicht «den Leuten die Feiertage zu nehmen». Die Finanzpolitikerin der Grünen, Christine Scheel, nannte die Diskussion «ziemlichen Quatsch». Sie verwies darauf, dass es in Bundesländern mit mehr Feiertagen weniger Erwerbslose gebe als in Ländern mit weniger Feiertagen. 

Clement sagte in Deutschland müsse über das Verhältnis von Arbeit und Freizeit angesichts wirtschaftlicher und demografischer Entwicklungen neu diskutiert werden. Er werde das Thema weiter verfolgen. Es gehe darum, dass Deutschland bei den Arbeitskosten wettbewerbsfähig bleibe. In diesem Zusammenhang müsse nicht nur über Feiertage, sondern auch über Lebensarbeitszeit und Ausbildungsdauer gesprochen werden.    Feiertage seien «Zeit für die Familie, gemeinsame Besinnung, Zeit für Gott», unterstrich die hannoversche evangelische Landesbischöfin Margot Käßmann. «Eher als einen Feiertag würde ich einen variablen Urlaubstag streichen», sagte sie der «Neuen Presse». Die Lübecker Bischöfin Bärbel Wartenberg-Potter erklärte: «Man braucht die Feiertage, um seine Seele, die Beziehungen zu Gott, die Hobbys und die Familien zu pflegen.»

«Feiertage sind kein Eigentum der Kirchen und auch nicht der Politik, sondern sie gehören den Menschen», sagte Lehmann, der auch Vorsitzender der katholischen Deutschen Bischofskonferenz ist, der «Saarbrücker Zeitung». Menschen erlebten, dass Produktion und Rentabilität nicht den Sinn des Lebens ausmachten. Auch ohne religiöse Anbindung könnten Feiertage als Tage der «Arbeitsruhe und seelischen Erhebung» geschätzt werden. 

Der Vizepräsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Hermann Barth, verwies in einem epd-Gespräch auf Einschätzungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, wonach die von Clement erwartete Erhöhung des Wirtschaftswachstums bei weniger Feiertagen auf einer «Milchmädchenrechnung» beruhe. Zudem stünden Bundesländer wie Bayern und Baden-Württemberg mit der höchsten Zahl von Feiertagen wirtschaftlich besonders gut da.