Kirchen unterzeichnen europäische Ökumene-Charta

Dokument soll ökumenischen Aufbruch einleiten

Berlin (epd). In einem Festakt haben die Kirchen in Deutschland am Freitag in Berlin die europäische Ökumene-Charta unterzeichnet. Die «Charta Oecumenica» gilt als eines der wichtigsten Dokumente der jüngeren Kirchengeschichte. Mit vielen anderen Kirchen auf dem Kontinent verpflichten sich die deutschen Kirchen darin, ihren Beitrag für das zusammenwachsende Europa zu leisten und die Einheit unter den Christen zu fördern.

Der bewegende Festakt war das «ökumenische Highlight» des am Sonntag zu Ende gehenden Ökumenischen Kirchentags. Mehrere hundert Kirchentagsteilnehmer reagierten mit lang anhaltendem Applaus auf die historische Besiegelung der Charta in Deutschland. Sie gebe der Ökumene Verbindlichkeit, sagte die evangelische Kirchentagspräsidentin Elisabeth Raiser. Man habe damit einen Text, auf den sich alle berufen könnten.

Zu den Unterzeichnern gehörten der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Manfred Kock, und der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann. Dazu kamen weitere Vertreter der insgesamt 16 Mitgliedskirchen der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK). Darunter sind Anglikaner, Orthodoxe, die Heilsarmee, Methodisten und evangelische Freikirchen.

Die Ökumene-Charta solle helfen, bestehende Berührungsängste zwischen den Kirchen in Europa abzubauen, sagte der Generalsekretär des katholischen Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE), Aldo Giordano, in Berlin. Die Charta wurde im April 2001 von der CCEE und der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) in Straßburg angenommen. Beide Organisationen vertreten zusammen fast alle reformatorischen, orthodoxen und römisch-katholischen Christen auf dem Kontinent.

Mit der Charta Oecumenica sei zwar noch kein Durchbruch bei kritischen Glaubensfragen wie etwa beim gemeinsamen Abendmahl erreicht, so der Ökumene-Experte Reinhard Frieling. Er verglich die Wirkung des Textes jedoch mit der UN-Charta der Menschenrechte. In Ländern, wo Ökumene nicht funktioniere, könnten sich Minderheitskirchen auf ihre in der Charta dokumentierten Rechte berufen. Frieling gehört zu den maßgeblichen Autoren des Dokuments. Er leitete fast 20 Jahre lang das evangelische Konfessionskundliche Institut im südhessischen Bensheim.

Die Einigkeit unter den Kirchen sei die Voraussetzung für Frieden unter den Nationen, heißt es in der Charta. Die Trennung der Christenheit soll langfristig überwunden werden: «Noch verhindern wesentliche Unterschiede im Glauben die sichtbare Einheit.» Die Gemeinschaft im Abendmahl ist dabei ein Ziel. Zugleich soll der Dialog zu Islam, Judentum und anderen Religionen ausgebaut werden.

Seit der Unterzeichnung in Straßburg wurde die Ökumene-Charta in mehr als 30 Sprachen übersetzt. Immer mehr europäische Kirchen machten sie sich den Angaben zufolge als Selbstverpflichtung zu eigen.

Die Charta hat keinen lehramtlichen oder kirchenrechtlichen Anspruch. Sie wird vom Vatikan nicht mitverantwortet. Auch die Mitgliedskirchen der KEK und der CCEE sind nicht zur Übernahme verpflichtet. Vielmehr wird das Papier den europäischen Kirchen «zur Annahme und Umsetzung in ihrem jeweiligen Kontext» empfohlen. Kritiker merkten an, die Charta Oecumenica sei damit zu unverbindlich.