Papstamt auf dem Prüfstand

Orthodoxie und Vatikan suchen nach gemeinsamer Formel

Von Bettina Gabbe

Vatikanstadt (epd). Mitten in der allseits beklagten Eiszeit der Ökumene bemühen sich Vatikan und Orthodoxie um Dialog in einer besonders heiklen Frage. Bei einem am Mittwoch in Rom begonnenen Symposion bemühen sich der Päpstliche Einheitsrat und Vertreter orthodoxer Kirchen um eine Annäherung in Fragen des Papstamtes. Die Tatsache, dass keine Gesprächspartner aus anderen Kirchen teilnehmen, bedeute keinen Ausschluss, heißt es im Vatikan. Das Thema des Petrusamtes habe sich im laufenden Dialog zur Orthodoxie ergeben.

Das bis Samstag andauernde Symposion fällt mit dem jüngsten Zusammenstoß zwischen dem Vatikan und dem russisch-orthodoxem Patriarchat zusammen. Moskau protestierte unlängst aufs Schärfste gegen die Errichtung katholischer Diözesen in Kasachstan. Auch wenn diese sich nicht auf russischem Boden befinden, beansprucht das Patriarchat doch das Gebiet der gesamten ehemaligen Sowjetunion für sich und betrachtet jede Aktivität der katholischen Kirche dort als Invasion.

Der schwierigen ökumenischen Lage zwischen katholischer und russisch-orthodoxer Kirche entspricht die Form des Treffens hinter verschlossenen Türen. Zu den Themen des theologischen Austauschs gehören die biblische Grundlage des Primats, die Rolle des Papstes bei den frühen ökumenischen Konzilien sowie beim Ersten Vatikanischen Konzil (1869-70). Zudem geht es unter anderem um den Stand der Diskussion über den Primat unter orthodoxen Theologen.

Während Katholiken und Orthodoxe sich in der Liturgie näher als andere Kirchen stehen, stellt das Papstamt auch in diesem ökumenischen Dialog ein Hindernis dar. Die orthodoxen Kirchen kennen auf Grund ihrer synodalen Struktur kein Oberhaupt, das Entscheidungsgewalt über die nationalen Kirchen mit ihren jeweiligen Synoden besitzt.  So kommt dem ökumenische Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomäus I, nur die Rolle eines Ehrenoberhauptes zu. Scheinbar paradoxer Weise ist die synodale Struktur der als konservativ geltenden Orthodoxie in diesem Bereich protestantischen Vorstellungen näher als katholischen. Die Synoden der orthodoxen Nationalkirchen fällen ihre Entscheidungen auf demokratischere Weise als dies in der katholischen Kirche der Fall ist.

Das größte Hindernis für die Anerkennung des Papstes durch die Orthodoxen stellt jedoch das Dogma der Unfehlbarkeit dar. Diese erst im 19. Jahrhundert eingeführte Lehre spaltet auch katholische und protestantische Theologen. Befürworter der Ökumene, die sich das Papstamt als repräsentative Aufgabe vorstellen, stoßen immer wieder auf dieses Dogma, dass kein späterer Papst bislang zurücknahm.

In der vor dem ersten Ökumenischen Kirchentag in Berlin nach dem jüngsten Eucharistie-Dokument des Papstes besonders angespannten Lage setzt Rom ein weiteres Signal an die Traditionalisten. Vatikan-Kardinal Darío Castrillón Hoyos wird am Samstag in der römischen Basilika Santa Maria Maggiore eine lateinische Messe im tridentinischen Ritus feiern, wie er vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) üblich war.

Wenn dies auch keine Absolution für den schismatischen Erzbischof Marcel Lefebvre ist, der Gottesdienste in der Landessprache (nach dem zweiten Vatikanum) nicht anerkennt, so ist es doch ein Zeichen der Öffnung für dessen erzkonservative Anhänger.