Bundespräsident Rau: Armut von Familien mit Kindern ist Skandal

Potsdam (epd). Bundespräsident Johannes Rau hat die unzureichende Förderung armer und kinderreicher Familien in Deutschland kritisiert. Es sei ein «Skandal», dass in Deutschland drei Millionen Kinder in Verhältnissen leben, durch die ihre Chancen in der Schule und auf dem Arbeitsmarkt «sehr stark eingeschränkt» werden, sagte Rau beim Festakt zum 50-jährigen Bestehen des Deutschen Kinderschutzbundes am Freitag in Potsdam.

Armut könne das Leben der Kinder verspielen, bevor es richtig begonnen habe, sagte Rau. Besorgnis erregend seien zudem Gewalttaten gegen Kinder in Familien, zunehmende Gesundheitsprobleme durch Umweltbelastungen, die Gefährdung der Kinder durch Stress bis hin zu «Manager-Krankheiten» und seelische Erkrankungen, sagte Rau. Einer «Verrohung unserer Gesellschaft» durch rücksichtslosen Egoismus müsse entgegen gewirkt werden, damit Kinder vor Gewalt geschützt werden könnten.

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) bedauerte es, dass kindliche Hilferufe von Nachbarn und anderen Menschen aus dem Umfeld der Kinder «viel zu oft ignoriert» würden. Wer in der Kindheit Gewalt erfahren habe, neige als Erwachsener zu Gewaltbereitschaft. Insbesondere die Arbeit mit Jugendlichen im rechtsradikalen Umfeld Brandenburgs zeige, dass dieser Teufelskreis durchbrochen werden müsse, sagte Platzeck.

Rau würdigte die Arbeit des Deutschen Kinderschutzbundes zur Schaffung einer kinderfreundlichen Gesellschaft als «50-jährige Erfolgsgeschichte». Der Verband sorge dafür, dass Politik nicht nur aus der Perspektive Erwachsener betrieben werde und gebe denen eine Stimme, die «in den öffentlichen Angelegenheiten ihre Stimme nicht selbst erheben können», sagte der Bundespräsident.

Praktische Hilfen vor Ort wie Kinderschutzzentren, Beratungsstellen und die Unterstützung bedürftiger Familien sowie das öffentliche Engagement gegen Missbrauch und Vernachlässigung von Kindern seien zum Markenzeichen des Kinderschutzbundes geworden, sagte Rau. Der Verband wurde 1953 gegründet und hat heute 50.000 Mitglieder in 420 Ortsverbänden.