UN-Generalsekretär «zunehmend besorgt» über zivile Opfer im Irak

Annan traf mit Chefs der UN-Hilfsorganisationen zusammen

New York (epd). UN-Generalsekretär Kofi Annan hat die wachsende Zahl ziviler Todesopfer im Irak-Krieg kritisiert und alle Beteiligten vor Kriegsverbrechen gewarnt. Er sei über die humanitären Opfer dieses Konflikts «zunehmend besorgt», sagte Annan am Mittwoch (Ortszeit) in New York am Rande einer Krisensitzung mit den Vorsitzenden der UN-Hilfsorganisationen.

Den UN-Sicherheitsrat, der erstmals seit dem Scheitern der diplomatischen Bemühungen und dem Kriegsbeginn wieder tagte, forderte Annan eindringlich auf, seine politischen Differenzen zu überwinden. Es müsse alles getan werden, um die irakische Zivilbevölkerung und die Kriegsgefangenen auf beiden Seiten zu beschützen.

Annan appellierte sowohl an die US-geführten Koalitionstruppen wie auch die irakischen Militärs, internationale Menschenrechtskonventionen zu respektieren. Vor dem Sicherheitsrat ergänzte er: «Wir alle wollen diesen Krieg so schnell wie möglich enden sehen.» Die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats forderte er auf, «durch gemeinsame Bemühungen zur Überwindung ihrer Differenzen Führungskraft zu zeigen».

Auf dem Krisentreffen mit den Chefs von sechs UN-Hilfsorganisationen - darunter James Morris vom Welternährungsprogramm, Carol Bellamy vom Kinderhilfswerk UNICEF und Flüchtlingskommissar Ruud Lubbers - ließ sich der Generalsekretär über die dramatische Zuspitzung der humanitären Lage im Irak unterrichten. Demnach sind die Krankenhäuser und Notaufnahmen in der Hauptstadt Bagdad überfüllt. Zur Behandlung weiterer Verletzter seien Zelte im Freien aufgebaut worden.

Die Hilfsorganisationen beschlossen, Vertreter in den Irak zu entsenden, sobald die militärische Situation dies erlaube. «Sie stehen bereit, in den Irak zurückzukehren und ihre Arbeit wieder aufzunehmen», sagte Annan.

Nach Angaben von Bellamy leiden vor allem Frauen und Kinder unter dem Krieg. Viele dieser Schwächsten der Schwachen seien bei den bisherigen Bombenangriffen verletzt oder getötet worden. «Solche Verluste sind unannehmbar», erklärte die UNICEF-Direktorin.

Bei seiner ersten Sitzung seit Kriegsbeginn debattierte der UN-Sicherheitsrat unter anderem die Frage, wie das vorübergehend eingestellte Programm «Öl für Lebensmittel» der Vereinten Nationen für den Irak trotz der Kampfhandlungen modifiziert wieder aufgenommen werden könne. Das Programm erlaubt es dem Irak, einen Teil seiner Öleinnahmen für humanitäre Ausgaben zu verwenden. Rund 60 Prozent der Iraker sind mit ihren monatlichen Lebensmittelrationen ausschließlich auf diese UN-Hilfe angewiesen.

Das Programm war am 17. März unterbrochen worden, nachdem Annan den Abzug des gesamten UN-Personals aus dem Irak angeordnet hatte. Ein Kompromiss zur Wiederaufnahme sollte am Donnerstag erarbeitet werden. «Ich habe keine Zweifel, dass der Rat zu einer zufrieden stellenden Lösung kommt», sagte Annan.