Vierzig Jahre ZDF - Programmauftakt in der Baracke

Von Uwe Kammann

Frankfurt a.M. (epd). Das ZDF ist ein Kind des Streits. Denn eigentlich sollte Anfang der 60er Jahre als Konkurrenz zum Ersten Fernsehprogramm der ARD eine Art Staatsfernsehen antreten, auf höchsten Wunsch des Bundeskanzlers. Doch das Bundesverfassungsgericht stoppte dieses so genannte Adenauer-Fernsehen, indem es im berühmten Urteil vom Februar 1961 die Staatsferne des Rundfunks als unumstößlichen Grundsatz bekräftigte.

In der Folge gründeten die Länder, die zuvor durch die Aktivitäten des Bundes ihre Rundfunkhoheit angegriffen sahen, eine Fernsehanstalt für ein nationales Programm aus föderalem Geist - auf der Grundlage eines Staatsvertrags. Die Anfänge steckten dann lange buchstäblich im Matsch, denn bevor Mainz tatsächlich zum Sitz dieses Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) wurde, herrschte viel Improvisation in den Sendebaracken in Frankfurt und Wiesbaden. Am 1. April 1963 ging es mit den Sendungen los, gerade mal mit zweieinviertel Stunden täglich.

Die Vorbereitungszeit lag in den Händen des Gründungsintendanten Karl Holzamer, eines Philosophieprofessors, der mit seinen festen hausväterlichen Maßstäben die Anfangsjahre und den Grundcharakter des Senders prägte. Sein Referent sollte später über zwanzig lange Intendantenjahre dem Sender seinen professionellen Stempel aufdrücken: Dieter Stolte.

Die Anfänge waren schwierig. Personal musste abgeworben werden, vorzugsweise bei den ARD-Sendern, und natürlich mit höheren Gehaltsversprechungen. Programmzulieferungen durch die Landesrundfunkanstalten wiederum hielt Holzamer für viel zu teuer, so dass es zu einer ZDF-Spezialität kam: der weitgehenden Auftragsvergabe an private Produzenten. In jene Zeit fielen auch die ersten Kontakte mit dem Filmhändler Leo Kirch, der im ZDF einen dankbaren Abnehmer für millionenschwere Programmpakete fand.

Nach und nach wurde das Sendeangebot ausgebaut. Nach einem Jahr waren es täglich schon vierdreiviertel Stunden, 1983 gab es zwölf Stunden, 1996 wurde auch die «Nachtlücke» geschlossen - für ein Programm rund um die Uhr.

Anfangs sollte es, auch nach politischer Vorgabe, ein Kontrastprogramm zur ARD werden, in einem so genannten gebundenen Wettbewerb mit klaren Abstimmungsverpflichtungen. Nach dem Muster: Wenn im Ersten Unterhaltung läuft, gibt's beim ZDF Information - und umgekehrt. Mit dem Aufkommen der privaten Sender in der zweiten Hälfte der 80er Jahre wurde diese Koordinierung mehr und mehr hinfällig und machte dem Prinzip der allumfassenden Konkurrenz Platz.

Bereits vorher hatte das ZDF den Ruf, vor allem ein Unterhaltungsdampfer zu sein. Das lag nicht zuletzt an großen erfolgreichen Sendungen wie «Dalli Dalli», «Der große Preis» oder der «Hitparade». Die «Schwarzwaldklinik» oder «Diese Drombuschs» festigten dieses Urteil, von den putzigen «Mainzelmännchen» als Werbefiguren oder der Supershow «Wetten dass...?» ganz abgesehen.

Doch inzwischen hat der Sender bei vielen Informationsprogrammen mit der ARD gleichgezogen, gibt es in allen Sparten und Genres eine Vielzahl hervorragender Produktionen. «Das Kleine Fernsehspiel» war von Anfang an eine vorzügliche Werkstatt für Fernsehkunst und Innovationen. Das große Feld der Fernsehfilme wird in bester Tradition - Hans Janke folgte auf Heinz Ungureit als Chef - auf hohem Niveau gepflegt, ohne elitär sein zu wollen. Die Formel dafür: «Qualität im Populären.»

Mit dem Intendanten Dieter Stolte begann 1980 auch eine konsequente Phase, das Programmunternehmen mit modernen Managementmethoden zu führen. Was aber nicht verhindern konnte, dass der Sender in den Gremien Verwaltungsrat und Fernsehrat immer noch hoch politisiert ist. Dies zeigte sich exemplarisch, als bei der Intendantenwahl im vergangenen Jahr letztlich die so genannte Farbenlehre als Abbild des Parteienspektrums den Ausschlag gab.

Der nach langem Streit gewählte Intendant Markus Schächter wird nichts revolutionär umkrempeln. Zwei Hauptziele will er aber verfolgen: mehr junge Zuschauer zu gewinnen. Und, was politisch schwierig ist, aus dem Einkanal-Sender eine Senderfamilie zu machen. Verflochten ist das ZDF bereits jetzt vielfach: so über die Gemeinschaftsprogramme 3sat, ARTE, Ki.Ka., Phoenix.

Seinen Sendegeburtstag feiert das ZDF am 1. April auf festen Füßen. Auch wenn dann parallel im eigenen Haus, zum 36. Mal schon, eine fernsehkritische Tagung läuft. Titel diesmal: «Die Krise des Medienmarktes.» Dass dabei nicht nur über Geld, sondern auch über Standards diskutiert wird, ist ganz im Sinne des Senders. Denn Maßstäbe verpflichten.