Landesbischof Friedrich aus den USA zurück: Harte Worte für Bush

Quelle: Nürnberger Nachrichten v. 7. März 2003

Landesbischof Johannes Friedrich aus den USA zurück

„Zu eindimensionales Denken“ Harte Worte für Bush - Keine Feindseligkeit der Menschen

MÜNCHEN - Es sind nicht eben freundliche Worte, die dem bayerischen Landesbischof Jo-hannes Friedrich einfallen, wenn er an US-Präsident George W. Bush denkt. „Zu eindimen-sional“ sei dessen Menschenbild, zu schwarz-weiß sein Weltbild.

Bush, sagt der Protestant, berufe sich auf die Bibel, wenn er die Welt in Gut und Böse eintei-le, mit den Amerikanern als den Guten und Saddam Hussein als Teufel. „Er benutzt eine religiöse Sprache und argumentiert stark mit biblischen Worten.“ Mit dem biblischen Men-schenbild habe seine Haltung aber nichts gemein, „das ist durch die Bibel in keiner Weise gedeckt“. Stets bezieht sich der US-Präsident in seinem Kampf gegen den irakischen Dikta-tor auch auf das christliche Fundament. Doch das sei, sagt Friedrich, „ganz anders. Ich kann nicht einfach jemanden als die Verkörperung des Bösen bezeichnen.“ Das greife erheblich zu kurz.

Eine Woche lang war Friedrich mit einer hochrangigen Delegation der Evangelischen Kirche Deutschlands in den USA, eine Woche, die ihn quer durch den Norden der Staaten geführt hat. Dabei habe er „keinerlei Feindschaft gespürt“. Im Gegenteil. „Die Leute haben immer wieder gesagt: Thank God for Germany and France.“ Egal, mit wem er auch gesprochen habe - nie sei er auf Kriegsbefürworter getroffen, immer nur auf Gegner.

Das liegt natürlich auch am Programm. Die EKD-Delegation hatte sich mit Vertretern aller großen amerikanischen Kirchen getroffen und mit der Spitze des „National Council of Chur-ches“, der NCC genannten Dachorganisation der US-Kirchen. Deren Position ist eindeutig, und sie liegt auf der deutschen Linie. Zwar hatte die EKD beim Besuch im US-Senat alle Senatoren zum Gespräch eingeladen. Doch erschienen waren nur jene, die der deutschen Haltung nahe stehen. „Wir mussten niemanden überzeugen“, sagt Friedrich.

Um Treffen mit US-Regierungsmitgliedern hatten sich die deutschen Protestanten gar nicht erst bemüht. „Bush hat ja nicht einmal die NCC-Vertreter empfangen“, stellt der Landesbi-schof fest.

Auf die Absage konnten er und seine Begleiter verzichten. Was sie erlebten, reicht ihnen auch so. „Sehr viele Menschen in den USA sind gegen den Krieg. Sie verlangen, dass die Regierung das Geld für die Probleme im eigenen Land verwenden soll. Sie beklagen, dass stattdessen nur die Militäretats steigen und alle anderen verlieren, etwa die Schulen, die Familien, die Sozialetats.“

Medien schüren Ressentiments

Daran wird sich nach Friedrichs Beobachtungen so schnell nichts ändern. Die Mehrheit der Amerikaner sehe zwar keinen wirklichen Anlass für einen Krieg gegen den Irak, auch wenn die US-Medien bis auf wenige Ausnahmen dies anders darstellten. Fox etwa, der Sender des US-Mediengiganten Murdoch, sei derart klar auf Kriegskurs, klagt Friedrich, dass er schließlich abgeschaltet habe, „weil es so unerträglich war“. Und die Boulevardblätter mach-ten offen Stimmung für den Krieg, „auch mit antideutschen Schlagzeilen“. So hatte ein Blatt dem deutschen Außenminister einen Wieselkopf auf den Hals montiert - Wiesel gelten in den USA als Synonym für Feigheit.

Doch werde sich Bush vom Kriegskurs nicht abbringen lassen. „Ich bin zwar Optimist“, sagt der Landesbischof. „Und ich glaube an die Kraft des Gebetes, an die Kraft der Friedensgebe-te rund um die Welt.“ Doch die Wahrscheinlichkeit für einen Kurswechsel sei „nicht mehr sehr hoch. Aber zumindest ist der Weg für die Administration erschwert.“

Mit äußerstem Unbehagen beobachtet der bayerische Landesbischof auch die Pläne der US-Regierung für die Zeit nach dem Irak-Krieg. Er selbst sei „kein Radikalpazifist“, sagt Friedrich, der Gewalt unter eng umrissenen Bedingungen nicht ausschließt. „Aber im Irak ist das nicht gegeben.“ Wenn es zum Krieg komme, warnt der Nürnberger, „wird es für die Christen im arabischen Teil der Welt ganz schwer“. Schon jetzt setzten die Araber die Chris-ten mit den USA gleich. „Bushs Sprache verstärkt das erheblich.“ Eine „Demokratisierung à la Bush aber lehnen die Araber ab.“ Für bedenklich hält Friedrich auch, dass die USA einen US-General als Statthalter in Bagdad einsetzen wollen. „Das polarisiert nur weiter.“

ROLAND ENGLISCH

Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 7. März 2003

Kock: Krieg nicht religiös rechtfertigen

phw München – Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Manfred Kock, hält nach Gesprächen mit Vertretern der UN und der amerikanischen Kirchen einen Irak-Krieg für „sehr wahrscheinlich“. Während einer USA-Reise bekräftigte Kock am Don-nerstag in New York seine Forderung an die US-Regierung, einen solchen Krieg nicht religi-ös zu rechtfertigen. Dies sei nicht im christlichen Sinne. Nach Ansicht von Mitgliedern seiner Delegation, zu der auch Bayerns evangelischer Landesbischof Johannes Friedrich zählte, stehen die Kirchen in den USA geschlossen gegen einen Irak-Krieg. Als erstaunlich bezeich-nete Friedrich nach seiner Rückkehr in München, „dass alle Kirchenführer sich eindeutig für den Frieden ausgesprochen haben“. Dennoch hätten selbst hochrangige US-Kirchenvertreter „bislang keinen Termin beim Präsidenten“ Bush bekommen. Die deutsche Delegation hatte in Washington gemeinsam mit US-Kirchenvertretern gegen den Kriegskurs der Regierung Bush protestiert. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es, ein „Krieg gegen den Irak wäre unmoralisch“ und „unklug“. Kritik richtete Landesbischof Friedrich auch gegen die Haltung der Unionsparteien in Deutschland: Er wünsche sich in der Union mehr Vertreter, die so deutliche Worte finden wie der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler, sagte Friedrich.