EKD-Ratsvorsitzender Kock: Irak-Krieg «sehr wahrscheinlich»

New York/München (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Manfred Kock, hat einen Irak-Krieg als inzwischen «sehr wahrscheinlich» bezeichnet. Diesen Eindruck habe er bei seinen Gesprächen mit Vertretern der Vereinten Nationen und amerikanischen Kirchenführern gewonnen, sagte Kock während einer USA-Reise am Mittwoch (Ortszeit) in New York. Zugleich warnte er die US-Regierung erneut davor, einen Krieg religiös zu rechtfertigen. Es sei nicht im christlichen Sinne, «religiöse Terminologie» in die politische Diskussion einfließen zu lassen.

Seine Gesprächspartner hätten ihm die «nüchterne Einschätzung» vermittelt, dass ein Krieg gegen den Irak mittlerweile nahezu unvermeidlich sei, sagte Kock vor Journalisten. Trotzdem halte die EKD es weiterhin für keine «christliche Option, jetzt in den Krieg zu gehen». Einen «gerechten Krieg» gebe es nicht, «nur gerechten Frieden», da jeder Krieg Unschuldige in Mitleidenschaft ziehe.

Wer wie die US-Regierung den Konflikt auf ein reines «Gut-Böse-Schema» reduziere, vermische christliche Botschaft und Politik, so der rheinische Präses. Außerdem drohe eine Gefährdung der christlichen Minderheitskirchen in der islamischen Welt, da sie so mit der US-Politik identifiziert würden. Dies sei nicht akzeptabel. Kock leitet eine EKD-Delegation, die sich bis zum Wochenende auf einer knapp zweiwöchigen USA-Reise befindet.

Die Ablehnung eines Krieges durch die EKD sei nicht als «anti-amerikanische Tendenz» misszuverstehen, betonte Kock. Zugleich sei ihm bei seinen Treffen mit zahlreichen US-Kirchenführern aber auch klar geworden, dass sich die harte Position der US-Regierung zum Teil aus dem Trauma des 11. Septembers 2001 erkläre. Aus «Furcht vor dem Terror» erwarte die amerikanische Bevölkerung von ihrer Regierung zwangsläufig eine Haltung der Stärke.

Die internationale Anti-Kriegs-Koalition werde auch in den USA nicht mehr übersehen, sagte der bayerische Landesbischof Johannes Friedrich, der Mitglied der EKD-Delegation war, am Donnerstag in München nach seiner vorzeitigen Rückkehr. Beachtet werde, dass die Kirchen der Welt «mit wenigen Ausnahmen in diesem weltpolitischen Krisenfall mit einer Stimme sprechen». Die jüdischen Organisationen in den USA stünden einem Irak-Krieg erheblich kritischer gegenüber als die offiziellen deutschen jüdischen Repräsentanten.

Kock führte am Mittwoch in New York Gespräche mit dem deutschen UN-Botschafter Gunter Pleuger und dem UN-Untergeneralsekretär für politische Angelegenheiten, Kieran Prendergast. Zuvor hatte der Ratsvorsitzene in einer Predigt in der evangelisch-lutherischen Kirche St. Paul in Manhattan davor gewarnt, «dass die Konsequenzen unserer Taten uns und die Zukunft unserer Kinder zerstören».

Am Donnerstag stand für die EKD-Delegation in Washington ein Treffen mit Vertretern des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank, weiteren US-Kirchenführern sowie Kongressabgeordneten auf dem Programm. Der Delegation gehören auch der Magdeburger Landesbischof Axel Noack sowie der Bundestagsabgeordnete Hermann Gröhe (CDU) an.