Weltgebetstag: Zwischen Tradition, Religion und Moderne

Frauen im Libanon gestalten die Weltgebetstagsliturgie

Von Martina Waiblinger

Frankfurt a.M. (epd). «Die Deutschen sind im Libanon zurzeit hoch im Kurs», berichtet Friederike Weltzien, Pfarrerin in der Evangelischen Gemeinde deutscher Sprache in Beirut bei einem Besuch in Deutschland. «Dass sie den Mut haben, sich gegen den Irak-Krieg und gegen die amerikanische Vorgehensweise auszusprechen, wird von vielen bewundert.» Sie erzählt aber auch von den Ängsten der Menschen im Libanon. Zum Weltgebetstag der Frauen am 7. März steht das Land im Mittelpunkt.

Das kleine Land mit dem Wappensymbol der Zeder ist gerade halb so groß wie Hessen. Unter den Auswirkungen des 11. Septembers und der Ungewissheit vor einem möglichen Irak-Krieg leidet der Libanon wirtschaftlich und politisch stark. Investoren warten ab und die Touristen, die langsam wieder in dieses - einst als Schweiz des Nahen Osten bezeichnete - Land gekommen waren, bleiben aus.

Auch nicht verheilte Wunden aus dem von 1975 bis 1990 währenden Bürgerkrieg drohen wieder aufzubrechen. Die über 400.000 palästinensischen Flüchtlinge, die im Libanon meist ohne Bürgerrechte leben und auf eine Rückkehr warten, erschweren die Lage.

Die Frauen vom «Libanesischen Rat gegen Gewalt gegen Frauen» in Beirut haben sich aber ihre Aufgabe gestellt. Seit 1997 haben sie sich im Verbund mit Ärzten, Rechtsanwälten und den Medien ein Thema zu eigen gemacht, das vorher völlig tabu war: Gewalt gegen Frauen. Offensiv machen sie Öffentlichkeitsarbeit und helfen betroffenen Frauen qualifiziert auf allen Ebenen.

Der Erfolg gibt ihnen Recht: Erst vor kurzem haben sie es geschafft, dass einer jungen Frau nicht nur die Kinder zugesprochen wurden - ihr Mann muss jetzt auch Unterhalt zahlen. Das Deutsche Weltgebetstagskomitee unterstützt den Aufbau eines zweiten Zentrums in Tripoli. Die Organisation arbeitet überkonfessionell.

Auch das ist etwas Besonderes in einem Land, in dem Religion fast immer und überall eine Bedeutung spielt und die 27 bis 35 Prozent Christen einen relativ großen Einfluss haben. Die meisten libanesischen Frauen wirken selbstbewusst, viele studieren oder arbeiten. Frauen am Steuer sind normal.

Vor allem im städtischen Milieu, wo es viele Ausbildungsmöglichkeiten und Jobs gibt, sind viele Frauen zufrieden. Die Hälfte der libanesischen Studierenden ist weiblich. Verändert hat sich in besonderer Weise die Situation schiitischer Frauen, die noch vor 20 Jahren kaum das Haus verlassen durften. Hoda Issa, eine unverheiratete Beiruter Schiitin mit Kopftuch erzählt: «Meine Mutter hatte nur ihre Kinder und die Küche. Ich arbeite in der Öffentlichkeitsarbeit einer schiitischen Organisation. Ich kann mir nicht vorstellen, nur Mutter und Hausfrau zu sein.»

Die 37-jährige modern gekleidete Journalistin Reem Haddad ist grundsätzlich davon überzeugt, dass es Frauen im Libanon gut haben: «Frauen werden hier von allen geliebt. Wenn ich zum Interview komme, kümmern sich alle um mich. Und schon habe ich eine gute Story.»

Diese Liebe hat ihre Grenzen. Eine Frau, ein Mädchen darf die Ehre der Familie nicht verletzen, eine Frau lebt nicht allein und sollte nicht mehr verdienen als der Mann. Das ist bei christlichen und muslimischen Familien gleich und kommt aus der arabischen Tradition. Im Libanon sind 18 verschiedene, darunter viele christliche Konfessionen anerkannt. Die ökumenische Zusammenarbeit unter orthodoxen, katholischen und evangelischen Frauen ist nicht selbstverständlich.

Die Erstellung der Weltgebetstagsliturgie bedeutete für die libanesischen Frauen eine große Herausforderung. Das von den Frauen gewählte Motto, «Heiliger Geist, erfülle uns», half ihnen, Trennendes zu überwinden und die jeweils andere Tradition zu verstehen. Damit wollen sie auch ihrer Hoffnung auf Vergebung und Frieden im Nahen Osten Ausdruck verleihen.

Es gab aber auch Widerspruch. Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und Angehörige der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin kritisierten, in der Gottesdienstordnung gebe es einen «einseitigen Antiisraelismus» und «recht offenen Antisemitismus». In einzelnen Passagen werde im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt eine negative Verknüpfung zu Israel herausgestellt. Das Weltgebetstagskomitee wies die Vorwürfe zurück mit der Begründung, dass libanesische Frauen «auf differenzierte Weise» ihre leidvollen Erfahrungen und deren Ursache beschrieben.