CredoBit: Neue Hilfe aus dem Rechner

Christliche Computermesse Credobit: “Zeit der Aufbruchstimmung” ist vorbei

Von Marcus Mockler

Wetzlar (idea). Kirche und Computer – diese beiden Welten mußten erst zueinander finden. Der Verein “Pfarrer & PC” hat den Kampf dazu vor 17 Jahren aufgenommen und dann 1991 erstmals in Deutschland eine christliche Computermesse veranstaltet. Die siebte “Credobit” fand nun mit 25 Ausstellern im westfälischen Bockum bei Hamm statt und präsentierte neue Anwendungsmöglichkeiten von PC und Internet.

Die Credobit ist kleiner geworden. Viele Jahre stellte sie in der Stadthalle im hessischen Friedberg aus, erstmals begnügt man sich mit einem großen evangelischen Gemeindehaus in Westfalen. Das Interesse an dieser Veranstaltung geht zurück. Kamen früher 800 bis 1.000 Besucher, so waren es diesmal nur noch 450. Der Verein “Pfarrer & PC” leidet unter seinem eigenen Erfolg. Gerade weil der Einsatz von Computer und Internet zur Normalität geworden ist, sind die Erwartungen potentieller Besucher an eine solche Messe offenbar gesunken.

Priorität: Nutzen bieten

Munir Hanna, Geschäftsführer des Christlichen Internet-Dienstes (CID) (http://www.cid.net, Berlin), spricht von einer “großen Ernüchterung” im Blick auf das Internet. Die Zahl der Nutzer, die sich für christliche Angebote interessierten, sei begrenzt – und die Konkurrenz der Anbieter zu groß. Seiner Ansicht nach müssen sich christliche Dienstleister noch stärker darauf ausrichten, Internetsurfern echten Nutzen zu bieten. Als Positivbeispiel nennt der den Versand von Andachten per E-Mail (unter www.auftanken.de). Dieses CID-Angebot habe 2.000 Abonnenten. Die Christliche Internet-Arbeitsgemeinschaft (www.cina.de, Wetzlar) erreicht täglich sogar 4.500 Empfänger mit einem geistlichen Wort. Auch örtlichen Kirchengemeinden empfiehlt Hanna eine solche Nutzenorientierung. So könne die Sonntagspredigt zum Herunterladen bereitgestellt werden. Bei sehr aktiven Gemeinden biete sich an, für verschiedene Arbeitsgebiete einen geschützten Internetbereich (“Community”) einzurichten, wo sich Mitarbeiter unter anderem über Hauskreistermine oder Gottesdienstthemen abstimmen könnten.

Online-Beratung boomt

Während es also für Christen ausreichend Angebote zu geben scheint, wird das Internet als Ort für Lebensberatung noch unterschätzt. Großen Erfolg hat auf diesem Gebiet das 1999 von Studierenden der katholischen Stiftungsfachhochschule München initiierte Projekt www.kids-hotline.de. Die Seiten verzeichnen monatlich 2,5 Millionen Zugriffe, das entspricht rund 250.000 Nutzern. Hier geht es um alle Themen, die Jugendliche beschäftigen – Sexualität, Drogen, Familienprobleme. Die Anonymität des Netzes und die Tatsache, daß es bei diesem Angebot keine Wartezeiten gibt, hat offenbar zur Popularität sehr beigetragen. “E-Mails werden bei uns innerhalb von 24 Stunden beantwortet. Wir haben über 40 ehrenamtliche Mitarbeiter, die auf die Fragen der jungen Leute eingehen”, erläutert Projektleiter Maik Smolinski. Die ethische Ausrichtung der Beratung hat allerdings mit christlichen Maßstäben wenig zu tun. Ein Mädchen, das demnächst mit seinem Freund schlafen will, erfährt nichts über die katholische (und biblische) Position, daß Sex in die Ehe gehört. Stattdessen wird die “Pille danach” (ein Frühabtreibungsmittel) empfohlen, falls das Kondom reißt. Der Erfolg der Internetseite hängt vermutlich auch mit seiner moralischen Beliebigkeit zusammen.

Segensformeln im Computer

Evangelische Pfarrer suchen weniger die Beratung als Arbeitshilfen für ihren pastoralen Einsatz. Der Verlag Bergmoser und Höller (Aachen) stellte auf der Credobit erstmals die evangelische Version des Programms “Labora” vor, mit dem sich Gottesdienste leichter vorbereiten lassen. Im elektronischen Kalender sind bereits alle Gottesdienste samt den vorgesehenen Predigttexten eingetragen. Zu liturgischen Gruß- und Segensformeln macht “Labora” gleich mehrere Textvorschläge, die per Mausklick in den Gottesdienstablauf übernommen werden können. In das Programm lassen sich eigene und fremde Predigtentwürfe einbauen, die dann bei der Vorbereitung des entsprechenden Sonntages einfach abzurufen sind. Das bedeutet: Je länger jemand mit “Labora” arbeitet, desto reicher werden die Quellen, aus denen er schöpfen kann. Nach Verlagsangaben arbeiten in Norwegen rund 80 Prozent der Pfarrer mit dieser Software zur Gottesdienstvorbereitung.

Gegen Monopol: Linux

Was die Credobit außerdem verdeutlicht: Die zahllosen Anwendungsmöglichkeiten des Computers sind von Christen noch längst nicht ausgeschöpft. So wirbt etwa der katholische Pastoralreferent Ulrich Berens (Donauwörth) dafür, daß Kirchen und Gemeinden verstärkt auf das Betriebssystem Linux setzen, anstatt sich dem Monopol von Microsoft mit dessen Betriebssystem Windows zu beugen. Linux sei eine stabilere und kostengünstigere Alternative. “Während im staatlichen Bereich immer mehr auf Linux umsteigen, wandern noch viel zu viele Kirchensteuern in unsinnige Windows-Lizenzen”, moniert Berens. Seine Erkenntnis gilt auch auf anderen Gebieten: Die Kirche kann aus dem säkularen Sektor Nützliches übernehmen, zum Beispiel Programme zur Friedhofs-, Vermögens- und Immobilienverwaltung.

Hausbesuche statt PC-Programmierung

Der evangelische Pfarrer Hans Dieter Vormittag (Rietberg), Geschäftsführer des Vereins “Pfarrer & PC”, zieht trotz der geringeren Besucherzahl eine positive Bilanz der Credobit. Es habe für die Aussteller zwar weniger, dafür um so intensivere Kontakte gegeben. Die Zeit der Aufbruchstimmung sei zwar vorbei, aber das wertet Vormittag lediglich als Zeichen der Normalisierung. “Wenn Pfarrer nur noch am PC sitzen und nicht mehr zu Hausbesuchen kommen, läuft etwas falsch.” Damit Christen mit elektronischer Hilfe Zeit sparen, statt sie zu verschwenden, soll es auch in zwei Jahren wieder eine Credobit geben.