Die Kirche braucht einen theologischen Grundkonsens

Württembergischer Gemeindeentwicklungskongress zu Einheit und Vielfalt

B ö b l i n g e n (idea) - Die Evangelische Landeskirche in Württemberg braucht einen theologischen Grundkonsens. Jedes Mitglied sollte in wenigen Sätzen erklären können, was ihm der christliche Glaube bedeutet, sagte Bischof Gerhard Maier (Stuttgart) bei einem Gemeindeentwicklungskongress, der vom 7. bis 9. Februar in Böblingen bei Stuttgart stattfand. Wenn es zu keiner Einigung in zentralen Fragen komme, gehe das kirchliche Profil im Pluralismus verloren. Maier: “Ohne Einheit wird die wünschenswerte Vielfalt zu einem Vielerlei, das am Ende nicht mehr zusammenfindet.” Der Konsens sollte sieben Eckpunkte haben, nämlich Aussagen über den dreieinigen Gott, über Jesus Christus als einzigen Herrn der Welt und über den Gemeinschaft stiftenden Heiligen Geist sowie zu Glaube, Liebe und Hoffnung. Besonders wichtig ist dem Bischof das Bekenntnis, dass Menschen nur durch Jesus Christus erlöst werden. Wenn die kirchlichen Gruppierungen darin übereinstimmten, hätte die Landeskirche nicht nur eine Segensgeschichte, sondern auch eine “Segenszukunft”. Eine auf Gott hörende Kirche werde von Gott gesegnet und zum Segen für die Welt bestimmt. Der Religionspädagoge Prof. Siegfried Zimmer (Ludwigsburg) plädierte für eine stärkere Berücksichtigung der charismatischen Bewegung. Prophetien, Zungenreden und Krankenheilungen seien urbiblische Gaben zur Erneuerung der Kirche. Gegen ihren Missbrauch helfe nur, sie zum Nutzen der Gemeinde einzusetzen.

Für eine Konzentration des Pfarrdienstes auf Kernaufgaben

An dem Kongress nahmen rund 3.000 Pfarrer, Kirchengemeinderäte sowie haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter aus den 1.500 württembergischen Kirchengemeinden teil. In Seminaren und an Ständen präsentierten sich 150 Projekte zur Erneuerung des kirchlichen Lebens. Nach Angaben des Cheforganisators, Pfarrer Frieder Dehlinger (Stuttgart), hat der Kongress rund 200.000 Euro Kirchensteuern gekostet. An der Organisation waren 600 Mitarbeiter beteiligt. Die Anregung hatte der frühere Dekan von Esslingen, Klaus Scheffbuch, gegeben, als er 1993 in der Landessynode eine Konzentration des Pfarrdienstes auf Kernaufgaben forderte. Pfarrer sollten von der Verwaltung entlastet werden und sich mehr auf Verkündigung und Seelsorge beschränken.

Konflikte und Finanzprobleme sind nicht die ganze Wirklichkeit

Synodalpräsident Horst Neugart (Heidenheim) sagte gegenüber idea, der Kongress habe gezeigt, dass die Kirche lebendiger sei, als sie häufig dargestellt werde. Berichte über Konflikte und Finanzprobleme würden der kirchlichen Wirklichkeit nicht gerecht. Es gebe ein großes Bemühen, die biblische Botschaft zeitnah darzustellen und Gemeinden anziehend zu machen. Mehrere Referenten bedauerten, dass in kirchlichen Gremien zu wenig über Ziele diskutiert werde. Prälat Martin Klumpp (Stuttgart) kritisierte, dass das Setzen von Zielen und deren Überprüfung häufig als Leistungsdenken diffamiert werde. Dabei gebe die Bibel mit dem Missionsbefehl ein konkretes Ziel vor, das alle kirchlichen Aktivitäten bestimmen sollte.

Im “Brachejahr” statt besonderer Aktivitäten nur auf Gott hören

Die Personaldezernentin in der Kirchenleitung, Oberkirchenrätin Ilse Junkermann (Stuttgart), regte ein “Brachejahr” an, in dem eine Gemeinde außer Gottesdiensten, Amtshandlungen und Konfirmandenunterricht keine weiteren Aktivitäten unternimmt. Im intensiven Beten, Loben und Hören mache man entweder ganz neue Erfahrungen mit dem Geist Gottes, oder man werde ernüchtert feststellen, dass die Einschränkung des kirchlichen Lebens niemandem auffalle.