Von Berlin soll ein Signal für den Frieden ausgehen

Hochrangige Kirchenvertreter wollen gemeinsame Irak-Erklärung verabschieden

Von Jutta Wagemann (epd)

Berlin (epd). Vor dem Kosovo-Krieg hat es das nicht gegeben, vor dem Krieg gegen Afghanistan auch nicht. Erstmals werden sich an diesem Mittwoch 20 hochrangige protestantische und orthodoxe Kirchenvertreter aus Europa, den USA und dem Nahen Osten in Berlin versammeln, um eine «gemeinsame, überzeugende Antwort der Kirchen auf drohenden Krieg im Irak zu finden», wie es in der Einladung heißt. Bewusst haben sie den Tag gewählt, an dem die USA den UN-Sicherheitsrat von der Notwendigkeit eines Krieges überzeugen wollen.

Vier Stunden Beratung haben die Repräsentanten der Kirchen angesetzt. Wenn bis dahin keine Einigung erzielt wurde, ist über Mittag noch einmal Zeit, bis die Bischöfe, Präsidenten und Generalsekretäre am Spätnachmittag im Kanzleramt Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) ihre Haltung darlegen wollen.

Angeführt wird die Gruppe vom EKD-Ratsvorsitzenden Manfred Kock. Besondere Gewicht erhält der Besuch durch den Generalsekretär des Weltkirchenrates, Konrad Raiser, und den Generalsekretär der Konferenz Europäischer Kirchen, Keith Clements. Aus den USA reist neben anderen der Generalsekretär des Nationalen Kirchenrates, Bob Edgar, an.

Die Idee zu diesem Treffen wurde bei der Ratssitzung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Ende Januar in Tutzing geboren. Knapp zwei Wochen zuvor hatte der Papst in Rom seine Rede gegen einen Irak-Krieg gehalten, die weltweit Aufmerksamkeit erregte. Es war der allgemeine Wunsch in Tutzing, dem Protestantismus ebenfalls eine Stimme zu verleihen, die über die deutschen Grenzen hinaus Gewicht hat. Gemeinsam mit dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) und der Konferenz Europäischer Kirchen lud die EKD in der vergangenen Woche zu dem Treffen ein.

Wie schwierig es ist, die richtigen Formulierungen zu finden, konnte EKD-Ratsvorsitzender Kock gerade erst spüren. Zahlreiche Interviews zum Irak-Krieg hatte der rheinische Präses in den vergangenen Wochen gegeben. Sie wurden in der Politik aufmerksam zur Kenntnis genommen. Am Wochenende aber löste Kock bei den Unionsparteien und der FDP Empörung aus.

Schuld war ein einziger Satz in einem halbseitigen Interview der «Stuttgarter Zeitung». Die jüngste Rede von US-Präsident George W. Bush erinnere ihn an «Argumente, mit der Islamisten zum Heiligen Krieg aufrufen». An anderer Stelle nannte Kock die Politik Bushs «fundamentalistisch». Zugespitzt wurde daraus ein Vergleich Bushs mit islamistischen Fundamentalisten.

Obwohl die evangelisch-methodistische Kirche in den USA bereits in einem Brief an Bush für eine friedliche Lösung der Irak-Krise warb und auch viele andere Kirchen sich entsprechend äußerten, ist noch nicht ausgemacht, dass die Kirchenvertreter am Mittwoch leicht zu einer gemeinsamen Erklärung finden.

Ein deutliches Signal für den Frieden wird das Treffen in jedem Fall setzen. Gegen Mittag wollen sich die Kirchenvertreter in der Französischen Friedrichstadtkirche am Gendarmenmarkt zu einer Friedensandacht versammeln. Sie wollen auftreten «als Kirche, die aus dem Glauben heraus spricht», wie EKD-Sprecher Christof Vetter erläutert.

Dieser Gedanke wird auch über der Zusammenkunft mit dem Bundeskanzler stehen. Schröder hatte überraschend schnell einen Termin frei. UN-Waffeninspektor Hans Blix, der eigentlich am Nachmittag erwartet wurde, sagte ab. Er ist bei der Sicherheitsratssitzung in New York.