Wut über die Logik eines angekündigten Krieges

Hilfsorganisationen in Deutschland bereiten sich im Irak-Konflikt auf das Schlimmste vor

Von Elvira Treffinger (epd)

Frankfurt a.M. (epd). Während die Welt von Tag zu Tag neu über die Wahrscheinlichkeit eines Irak-Krieges rätselt, bereiten sich Hilfswerke in Deutschland auf das Schlimmste vor. Helfer bestellen Berge von Decken, Zelten, Nahrungsmitteln und Medikamenten für den Irak und die Nachbarländer. Sie planen Flüchtlingslager und Gesundheitszentren für einen möglichen Krieg. Viele tun es mit Wut und Widerwillen gegen die Logik eines angekündigten Krieges.

«Wir hoffen immer noch, dass der Krieg verhindert werden kann», sagt Gesine Wolfinger von der Diakonie-Katastrophenhilfe in Stuttgart. Trotzdem müssen die Vorbereitungen laufen, Spendenaufrufe bereit liegen. «Wenn etwas passiert, wird sehr schnell dringend Geld gebraucht.» Über den Kirchenrat im Mittleren Osten unterstützt die Diakonie die Lagerung von Hilfsgütern in Jordanien, Syrien und Israel.

Doch niemand weiß, wie viele Flüchtlinge im Kriegsfall kommen könnten, welche Grenzen überhaupt offen wären. Im Irak selbst kümmern sich evangelische Helfer aus Norwegen um die Sicherung der Wasserversorgung. Im Katastrophenschutz gibt es auch eine Kooperation mit dem Irakischen Roten Halbmond, der Schwesterorganisation des Roten Kreuzes. Es sei einfach Pflicht, Vorbereitungen zu treffen, auch wenn man darauf hoffe, den Krieg zu verhindern, sagt Maike Just vom Deutschen Roten Kreuz in Berlin. Das Dilemma weckt Emotionen.

Die Bundesregierung gibt sich auf Fragen nach Hilfsplänen für den Kriegsfall bedeckt. «Es ist nicht an der Zeit für solche Spekulationen», sagt Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD). «Jetzt gilt nur eines: Einen Krieg im Irak zu verhindern. Dem widmen wir unsere ganze Kraft.»

Auch der neue Leiter von Cap Anamur, Elias Bierdel, will nicht über seine Planungen für den Irak sprechen, den er kürzlich besucht hat. Seine Organisation wehre sich nach Kräften, «Teil der irrwitzigen Kriegsmaschinerie zu werden», sagt er. Die Vorbereitungen der Helfer dürften nicht dazu dienen, «dass die Militärs mit gutem Gefühl mit ihren Bomben beginnen». Ohne Namen zu nennen, empört er sich über Hilfswerke, die sich mit dem US-Kommando am Golf «ins Benehmen setzen, was denn das wahrscheinlichste Angriffsszenario ist».

«Ärzte ohne Grenzen» versuchte nach eigenen Angaben seit 1993 vergeblich, im Irak Fuß zu fassen. Jetzt sondiere man erneut, sich mit dem Regime in Bagdad auf Gesundheitsprojekte zu einigen, sagt Sprecherin Petra Meyer in Berlin. «Wir bestehen auf ungehindertem Zugang zu allen Gebieten.» Sie fürchtet auch, dass auf Druck der USA bald alle ausländischen Helfer den Irak verlassen müssen, wie 1998 vor den NATO-Angriffen den Kosovo: «Dann gab es keine unabhängigen Zeugen mehr.»

Unterdessen unterstützt die Caritas den Katastrophenschutz im Irak. Die 14 Caritas-Sozialzentren dort wurden mit Erste-Hilfe-Medikamenten ausgestattet, wie Caritas-Sprecher Matthias Schüth in Freiburg erklärt. Ein Zentrum der irakischen Caritas unter Schirmherrschaft der chaldäisch-unierten Kirche allein könne im Notfall Hunderte von Freiwilligen mobilisieren. Kirchen und Moscheen stellen sich darauf ein, Hilfesuchende aufzunehmen, berichten Diakonie und Caritas.

«Die beste Hilfe ist, es gar nicht erst zum Krieg kommen zu lassen», ist Christoph Zeller vom katholischen Malteser-Hilfsdienst überzeugt, der Kurden im türkisch-irakischen Grenzgebiet medizinisch versorgen will. Viele Hilfswerke beteiligen sich an Friedensinitiativen, Aufrufen und Gebeten. Auch die chaldäischen Christen im Irak beten täglich um Frieden, berichtet Erzbischof Gabriel Kassab.