EKD-Ratsvorsitzender zum neuen Jahr: Vom Besitzstandsdenken lösen

Hannover (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Manfred Kock, hat in seiner Neujahrsbotschaft mehr Mut zu gesellschaftlichen Reformen gefordert. Dies sei nur dann möglich, wenn sich alle gesellschaftlichen Kräfte in der Bundesrepublik «aus der Erstarrung des Besitzstandsdenkens» lösten und praktikablen Lösungen grünes Licht gäben, erklärte Kock am Dienstag in Hannover. Das Jahr 2003 biete die Chance, die Systeme der Daseinsvorsorge endlich auf eine solide Grundlage zu stellen.

Die evangelische Kirche setze sich für ein klares Bekenntnis zur sozialen Grundsicherung ein. Dies schließe die Übernahme von mehr persönlicher Verantwortung nicht aus, so der rheinische Präses. Mehr Wettbewerb im Sozialbereich dürfe aber nicht auf Kosten der «menschlichen Wärme» gehen. «Menschliche Zuwendung muss neben dem medizinisch Notwendigen ein Qualitätsmerkmal jeder Pflegeleistung bleiben», verlangte Kock.

Zur angeblichen Geburt des ersten Klon-Babys erklärte Kock, der Mensch sei mehr als eine biologisch manipulierbare Masse. «Die von einer schrillen Sekte behauptete Geburt eines geklonten Menschen zeigt, welche Geister sich der Wissenschaft bedienen können.» Die Warnungen der Kirchen seien nicht unbegründet gewesen.

Weiter rief der EKD-Ratsvorsitzende zu verstärktem Einsatz für den Frieden in der Welt auf. Er hoffe, dass die Regierenden den «trügerischen Verlockungen widerstehen, durch den Einsatz militärischer Gewalt etwas zum Positiven bewegen zu können». Angesichts brutaler Überfälle auf Christen in Pakistan und Indien an Weihnachten rief er dazu auf, die Friedenspotenziale aller Glaubenstraditionen neu zu entdecken. «Wir müssen die Friedenskräfte aller Religionen stark machen, um die Waffen dieser Welt zum Schweigen zu bringen.»

Kirchlicher Höhepunkt des neuen Jahres werde der Ökumenische Kirchentag Ende Mai in Berlin sein. Schon in der Vorbereitungsphase gingen von diesem Projekt positive Signale aus. Es sei ein Gewinn, wenn Protestanten und Katholiken trotz der historisch gewachsenen Unterschiede «respektvoll, offen und herzlich» miteinander diskutierten und nach einer Überwindung der Trennung suchten.