Bischöfin Käßmann gegen Aufhebung des Bestattungszwanges für Urnen

Hannover (epd). Die hannoversche Bischöfin Margot Käßmann hat sich gegen Pläne gewandt, den Bestattungszwang für Urnen auf Friedhöfen aufzuheben. Nach einer solchen Regelung, wie sie die Grünen in Niedersachsen sowie die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen anstreben, könnten Angehörige die Asche eines Verstorbenen mit nach Hause nehmen, im Garten begraben oder verstreuen. «Wir brauchen einen öffentlichen Ort der Trauer», sagte Käßmann am Freitagabend bei einer Diskussion der Landtagsfraktion der Grünen. An diesem Ort müsse auch an den Namen des Toten erinnert werden.

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Brigitte Pothmer, verteidigte die parlamentarische Initiative ihrer Partei. Der Prozess der Individualisierung mache auch vor dem Tod und der Bestattung nicht halt, sagte sie: «Kulturelle Traditionen funktionieren nur, wenn die Menschen ihre Bedürfnisse darin erfüllt und widergespiegelt sehen.» Nach den Plänen der Grünen kann von einer Beisetzung auf dem Friedhof abgesehen werden, wenn der Tote dies zu Lebzeiten schriftlich festgelegt hat.

Ausschlaggebend dürfe nicht allein der Wunsch des Verstorbenen sein, wandte Käßmann ein: «Auch die Hinterbliebenen haben ein Recht, nämlich einen Ort der Trauer zu haben.» Dies gelte nicht nur für die Familie. «Auch ein alter Freund muss einmal eine Nelke ablegen können», sagte die evangelische Bischöfin. Durch eine Neuregelung können laut Käßmann alte Menschen unter Druck geraten, auf ein Grab zu verzichten, weil sie ihren Kindern die Kosten dafür nicht aufbürden wollen.

Außerdem sei Streit programmiert: «Wenn es vier Kinder gibt, wer nimmt dann die Urne mit nach Hause?», fragte Käßmann. Die Grünen hatten Anfang Dezember einen Entschließungsantrag in den Landtag eingebracht. Darin fordern sie auch, die Sargpflicht bei Erdbestattungen aufzuheben, damit Muslime in Deutschland nach ihrem Ritus bestattet werden können. Bei Tot- und Fehlgeburten sollen die Hinterbliebenen das Recht erhalten, ihr Kind auf dem Friedhof beizusetzen. In diesen beiden Punkten stimmte Käßmann der Grünen-Initiative zu.