Speicherhaus von Thomas Mann wird übergroßer Adventskalender

Von Thomas Morell (epd)

Lübeck (epd). So schön wie bei den "Buddenbrooks": Der alte  Lübecker Speicher, der früher der Familie von Heinrich und  Thomas Mann gehörte, hat sich in diesen Tagen in einen  übergroßen Adventskalender verwandelt. Kurz nach der Dämmerung versammeln sich jeweils um 17 Uhr einige Dutzend Lübecker vor dem alten Speicherhaus, wenn wieder ein neues  Fenster erleuchtet wird. Eines aber unterscheidet den Speicher von anderen Adventskalendern: Es gibt 25 Türen.

Das Projekt wird gemeinsam von der evangelischen und der katholischen Kirche in Lübeck getragen. Gruppen und Gemeinden haben die Motivfenster gestaltet und Aktionen vorbereitet: Pfadfinder bringen das Friedenslicht, Kinderchöre singen und die Caritas verschenkt Obstbaum-Zweige, die als "Barbara-Zweige" Weihnachten blühen sollen. Zum Nikolaustag erschien ein erleuchteter Bischofsstab im Fenster. Kleine Bischöfe aus Schokolade wurden verteilt und die Geschichte vom Bischof Nikolaus aus Myrna erzählt.

1873 war der Getreidespeicher von Thomas Johann Heinrich Mann, dem Vater der Schriftsteller Heinrich und Thomas Mann, erbaut worden. Das Haus hieß "Die Eiche", weil mehrere hundert Eichenbalken das Haus stützen. Der wohlhabende Kaufmann war zugleich Finanzsenator Lübecks und einer der einflussreichsten Männer. Thomas Mann hat den Niedergang seiner Familie später in den "Buddenbrooks" beschrieben und dafür den Nobelpreis erhalten.

Bis 1995 wurde das Giebelhaus an der Untertrave von Getreidehändlern, Weinhändlern und Segelmachern genutzt. Dann wurde es saniert und 1996 von der Lübecker Kaufmannschaft mit dem Architekturpreis ausgezeichnet. Heute ist es ein Auktionshaus.

Die 25. Tür bereitet den Organisatoren nur wenig Kopfzerbrechen: Gezählt werden die Tage nach alter biblischer Tradition, wonach der neue Tag bereits mit der Dunkelheit der Vortages beginnt. Seine volle Leuchtkraft wird der ungewöhnliche Adventskalender also genau an Heiligabend entfalten.