Kock fordert mehr Eigenverantwortung für soziale Vorsorge

«Gesellschaft muss aber auch für die Schwachen da sein»

Timmendorfer Strand (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Manfred Kock, erwartet von der Politik weit reichende Konzepte für die Reform der sozialen Sicherung. Dies sei eine dringende Arbeit für Regierung und Opposition in den kommenden vier Jahren, forderte Kock am Mittwoch in einem epd-Gespräch. Für die soziale Vorsorge komme auf jeden Einzelnen mehr Eigenverantwortung zu. Zugleich müsse die Gesellschaft weiterhin für Schwache da sein. «Denen kann ich nicht sagen: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott», sagte Kock.

Die Übernahme von Eigenverantwortung entspreche dem protestantischen Ethos, sagte Kock am Rande der EKD-Synode in Timmendorfer Strand. Die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung sei allerdings in der Gesellschaft zu wenig ausgeprägt. «Es ist wichtig, den Menschen etwas zuzutrauen im Blick auf die eigene Verantwortung und Vorsorge», unterstrich Kock. «Im Wohlfahrtsstaat entsteht bei vielen die Einstellung, ich nehme das, was ich brauche, ohne selber etwas beizutragen, das ist etwas, woran die Gesellschaft krankt.»

Mit Blick auf die von der Bundesregierung angekündigten Einschnitte und Mehrbelastungen in den Sozialsystemen rief Kock dazu auf, das Prinzip der Solidarität nicht aufzugeben. Die soziale Verantwortung dürfe nicht allein dem Einzelnen überlassen werden. Die Kirche werde darauf dringen, «dass Einschränkungen nicht einseitig zu Lasten der Schwachen gehen», sagte der Ratsvorsitzende. Das 1997 vorgelegte Sozialwort der Kirchen müsse angesichts der gegenwärtigen Krisensituation konkretisiert und weiter entwickelt werden.

Zur Rolle der Kirche in der Gesellschaft sagte Kock, die Kirche dürfe ihre Einflussmöglichkeiten nicht überschätzen, ihre Botschaften aber auch nicht verstecken. Er pflichtete einer Mahnung von Bundespräsident Johannes Rau bei, wonach die Kirchen ihre Botschaft nicht zu Gunsten der Einflussnahme in gesellschaftlichen Prozessen vernachlässigen dürften. «Das ist eine Mahnung, die wir uns immer wieder selbst vorhalten», so Kock.

«Die Kirche hat eine Perspektive zu vermitteln, und die Gesellschaft braucht diese Botschaft», sagte Kock. «Die Botschaft der Kirche trifft auf etwas, was von den Menschen ersehnt wird und wonach gefragt wird.» Wenn Meinungsumfragen das Bild vermittelten, dass eine Mehrheit der Bevölkerung an tiefer gehenden Fragen nicht interessiert sei, müsse die Kirche sich dem nicht anpassen, sondern zu ihren Inhalten stehen.

Der EKD-Ratsvorsitzende ging auch auf die Neuregelung der evangelischen Militärseelsorge ein. Die geplante einheitliche Regelung in Ost- und Westdeutschland sei ein Ausdruck dafür, dass die Seelsorge in der Bundeswehr sich in den vergangenen zehn Jahren bewährt habe. Die Arbeitsmöglichkeiten der Militärpfarrer seien nirgendwo eingeschränkt worden, sagte Kock mit Blick auf die Vorbehalte ostdeutscher Landeskirchen, die einer zu großen Staatsnähe der Militärseelsorge galten.